− | '''Kinesiologie''' ist eine [[Esoterik|esoterisch inspirierte]], [[Alternativmedizin|alternativmedizinische]] Methode. Befürworter dieser Methode behaupten, man könne über die Muskelspannung eines Patienten (kinesiologischer Muskeltest) im Anblick z.B. eines Medikamentes herausfinden, ob es für ihn zuträglich oder schädlich ist. | + | '''Kinesiologie''' ist eine [[Esoterik|esoterisch inspirierte]], [[Pseudomedizin|pseudomedizinische]] Methode. Ihre Befürworter behaupten, man könne über die Muskelspannung eines Patienten beim Anblick z.B. eines Medikamentes herausfinden, ob es für ihn zuträglich oder schädlich ist. |
− | Mehrere wissenschaftliche Studien haben gezeigt, dass die diagnostischen Aussagen kinesiologischer Muskeltests nicht reproduzierbar waren. Die Ergebnisse wiesen häufig eine rein statistische Verteilung auf und sind willkürlich durch die Kinesiologen oder den Patienten beeinflussbar. So kamen unterschiedliche Kinesiologen nicht relevant häufiger zu der gleichen Diagnose und die empfohlenen Therapien führten nicht zu einer statistisch signifikanten Verbesserung<ref>Kenney JJ, Clemens R, Forsythe KD: ''Applied kinesiology unreliable for assessing nutrient status''. J Am Diet Assoc. 1988 Jun;88(6):698-704 PMID 3372923</ref> <ref>R Lüdtke: ''Test-retest-reliability and validity of the kinesiology muscle test'' complementar ther med, 2001, 9:141 PMID 11926427</ref> <ref>HJ Staehle, MF Koch, T Pioch: ''Doubleblind Study on Materials Testing with Applied Kinesiology''. J Dent Res, 84(11), 2005, S.1066-1069 PMID 16246943 ([http://www.zm-online.de/m5a.htm?/zm/19_06/pages2/zmed1.htm zm 96, Nr. 19, 1. Oktober 2006, Seite 52-58])</ref> <ref>MH Friedman: ''Applied kinesiology - double-blind study''. prosthetic dentistry, 42, 1981, S.321</ref> <ref>JS Garrow: ''Kinesiology and food allergy''. BMJ 1988,296:1573</ref> <ref>M Haas: ''Muscle testing response to provocative vertebral challenge and spinal manipulation: a randomized controlled trial of construct validity''. j manip physiol ther 1994,17:141</ref> <ref>R Pothmann: ''Evaluation der klinisch angewandten Kinesiologie bei Nahrungsmittel-Unverträglichkeiten im Kindesalter''. Forsch Komplementärmedizin Klass Naturheilk 2001;8:336-344</ref>. Eine einzige nicht doppel-blinde Studie ergab ein positives Testergebnis <ref>DA Monti, J Sinnott, M Marchese, EJ Kunkel, JM Greeson: ''Muscle test comparisons of congruent and incongruent self-referential statements''. PubMed (National Library of Medicine and the National Institutes of Health) PMID10407911</ref>. | + | Mehrere wissenschaftliche Studien haben gezeigt, dass die diagnostischen Aussagen kinesiologischer Muskeltests nicht reproduzierbar waren. Die Ergebnisse wiesen häufig eine rein statistische Verteilung auf und sind willkürlich durch die Kinesiologen oder den Patienten beeinflussbar. So kamen unterschiedliche Kinesiologen nicht relevant häufiger zu der gleichen Diagnose und die empfohlenen Therapien führten nicht zu einer statistisch signifikanten Verbesserung <ref>Kenney JJ, Clemens R, Forsythe KD: ''Applied kinesiology unreliable for assessing nutrient status''. J Am Diet Assoc. 1988 Jun;88(6):698-704 PMID 3372923</ref> <ref>R Lüdtke: ''Test-retest-reliability and validity of the kinesiology muscle test'' complementar ther med, 2001, 9:141 PMID 11926427</ref> <ref>HJ Staehle, MF Koch, T Pioch: ''Doubleblind Study on Materials Testing with Applied Kinesiology''. J Dent Res, 84(11), 2005, S.1066-1069 PMID 16246943 ([http://www.zm-online.de/m5a.htm?/zm/19_06/pages2/zmed1.htm zm 96, Nr. 19, 1. Oktober 2006, Seite 52-58])</ref> <ref>MH Friedman: ''Applied kinesiology - double-blind study''. prosthetic dentistry, 42, 1981, S.321</ref> <ref>JS Garrow: ''Kinesiology and food allergy''. BMJ 1988,296:1573</ref> <ref>M Haas: ''Muscle testing response to provocative vertebral challenge and spinal manipulation: a randomized controlled trial of construct validity''. j manip physiol ther 1994,17:141</ref> <ref>R Pothmann: ''Evaluation der klinisch angewandten Kinesiologie bei Nahrungsmittel-Unverträglichkeiten im Kindesalter''. Forsch Komplementärmedizin Klass Naturheilk 2001;8:336-344</ref>. Eine einzige nicht doppel-blinde Studie ergab ein positives Testergebnis <ref>DA Monti, J Sinnott, M Marchese, EJ Kunkel, JM Greeson: ''Muscle test comparisons of congruent and incongruent self-referential statements''. PubMed (National Library of Medicine and the National Institutes of Health) PMID10407911</ref>. |
| Die Behandlungskostenübernahme durch einige deutsche und schweizer Krankenkassen ist kein Beleg der Wirksamkeit einer Behandlung. Krankenkassen sind nicht dazu verpflichtet, nur wirksame Therapien zu bezahlen. In Entscheidungen, ob eine Krankenkasse etwas bezahlt, fließen auch Überlegungen ein, wie neue Mitglieder gewonnen werden können.<ref>Edzard Ernst: ''Falsch verstandene "Patientenfreundlichkeit"''. In: MMW - Fortschritte der Medizin.8 (2007). S.55</ref> | | Die Behandlungskostenübernahme durch einige deutsche und schweizer Krankenkassen ist kein Beleg der Wirksamkeit einer Behandlung. Krankenkassen sind nicht dazu verpflichtet, nur wirksame Therapien zu bezahlen. In Entscheidungen, ob eine Krankenkasse etwas bezahlt, fließen auch Überlegungen ein, wie neue Mitglieder gewonnen werden können.<ref>Edzard Ernst: ''Falsch verstandene "Patientenfreundlichkeit"''. In: MMW - Fortschritte der Medizin.8 (2007). S.55</ref> |
− | Es bestehen beim Muskeltest Fehler- und Fälschungsmöglichkeiten sowohl auf Seiten des Therapeuten als auch des Klienten. Da der Therapeut aktiv mit seiner eigenen Muskelspannung die des Klienten prüft, kann er seinen prüfenden Druck wissentlich oder unwissentlich anpassen. Gleiches gilt für den Klienten, der seine Muskelkraft willkürlich oder unwillkürlich verändern kann. Außerdem ermüdet der Testmuskel nach mehreren Testläufen.<ref>B Wüthrich: ''Unproven techniques in allergy diagnosis'' In:Journal of investigational allergology & clinical immunology, 2005 vol. 15 pp. 86-90 PMID 16047707 [http://www.jiaci.org/issues/vol15issue02/1.pdf PDF]: </ref> | + | Es bestehen beim Muskeltest Fehler- und Fälschungsmöglichkeiten sowohl auf Seiten des Therapeuten als auch des Klienten. Da der Therapeut aktiv mit seiner eigenen Muskelspannung die des Klienten prüft, kann er seinen prüfenden Druck wissentlich oder unwissentlich anpassen. Gleiches gilt für den Klienten, der seine Muskelkraft willkürlich oder unwillkürlich verändern kann. Außerdem ermüdet der Testmuskel nach mehreren Testläufen.<ref>B Wüthrich: ''Unproven techniques in allergy diagnosis'' In:Journal of investigational allergology & clinical immunology, 2005 vol. 15 pp. 86-90 PMID 16047707 [http://www.jiaci.org/issues/vol15issue02/1.pdf PDF]:</ref> |
| Die therapeutische Wirkung der Kinesiologie kann mit dem [[Placebo-Effekt]] verglichen werden. Die Wirksamkeit der Kinesiologie ging in Studien (s.o.) nicht über die Wirksamkeit eines solchen Placebos hinaus, d.h. die Kinesiologie besitzt keine ursächliche Eigenwirkung. Kritiker werfen Kinesiologen somit vor, unzureichende Instrumente zu benutzen und zu falschen Diagnosen und falschen Therapien zu kommen, mit möglicherweise schwerwiegenden Folgen für den Patienten. Diese werden dazu ermutigt, gefährliche Therapien zu beginnen, wirksame Therapien zu spät oder gar nicht zu beginnen oder sie abzubrechen.<ref>Beyer K, Teuber SS: "Food allergy diagnostics: scientific and unproven procedures."in Curr Opin Allergy Clin Immunol, 2005 Jun;5(3):261-6 PMID 15864086</ref> | | Die therapeutische Wirkung der Kinesiologie kann mit dem [[Placebo-Effekt]] verglichen werden. Die Wirksamkeit der Kinesiologie ging in Studien (s.o.) nicht über die Wirksamkeit eines solchen Placebos hinaus, d.h. die Kinesiologie besitzt keine ursächliche Eigenwirkung. Kritiker werfen Kinesiologen somit vor, unzureichende Instrumente zu benutzen und zu falschen Diagnosen und falschen Therapien zu kommen, mit möglicherweise schwerwiegenden Folgen für den Patienten. Diese werden dazu ermutigt, gefährliche Therapien zu beginnen, wirksame Therapien zu spät oder gar nicht zu beginnen oder sie abzubrechen.<ref>Beyer K, Teuber SS: "Food allergy diagnostics: scientific and unproven procedures."in Curr Opin Allergy Clin Immunol, 2005 Jun;5(3):261-6 PMID 15864086</ref> |