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− | '''Noni-Saft''' ist ein aus den Früchten des polynesischen Noni-Baums (''Morinda citrifolia'' L., Syn.: ''Morinda bracteata'' Roxb.) hergestellter, kaliumreicher Saft. Die Noni-Frucht selbst ist eine etwa hühnereigroße Sammelsteinfrucht. Der Geschmack der reifen Früchte ist unangenehm und wird als „faulig“ oder „an ranzigen Käse erinnernd“ angegeben. | + | '''Noni-Saft''' ist ein aus den Früchten des polynesischen Nonbi-aums (''Morinda citrifolia'' L., Syn.: ''Morinda bracteata'' Roxb.) hergestellter Saft. Die Noni-Frucht selbst ist eine etwa hühnereigroße Sammelsteinfrucht. Der Geschmack und der Geruch der reifen Früchte ist unangenehm und wird als „faulig“ oder „an ranzigen Käse erinnernd“ angegeben. |
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− | Noni-Saft wird aggressiv über das [[MLM|Multilevel Marketing]] als [[Wellness]]getränk, aber auch zur Vorbeugung von Krankheiten bis hin zu Krebstherapie angepriesen. Immer häufiger werden einfache Lebensmittel, die meist exotischen Ursprungs sind, über Strukturvertriebe nach Europa gebracht. Um den Verkauf anzukurbeln, wird das Produkt mit [[Health Claims|Heilwirkungen]] versehen (siehe: [[Superfrucht]]). | + | Noni-Saft wird aggressiv über das [[MLM|Multilevel Marketing]] als [[Wellness]]getränk, aber auch zur Vorbeugung von Krankheiten bis hin zu Krebstherapie angepriesen. Immer häufiger werden einfache Lebensmittel, die meist exotischen Ursprungs sind, über Strukturvertriebe nach Europa gebracht. Um den Verkauf anzukurbeln, wird das Produkt mit [[Health Claims|Heilwirkungen]] versehen. |
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− | Seit Beginn des Jahres 1999 tauchte in Deutschland, Österreich und der Schweiz massive Werbung für Noni-Saft auf. Einer der Hauptdistributoren für Noni-Saft ist der Strukturvertrieb der Firma Morinda Inc., die folgende Produkte auf den Markt gebracht hat: Tahitian Noni®, Morinda® und Noni™. Der Sitz der Firma befindet sich in Provo, Utah, USA.
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− | | + | ==Inhaltsstoffe== |
− | In den USA boomt der Vertrieb von Noni-Saft. Aktuelle Publikationen gehen von einem monatlichen Umsatz von 23,5 Millionen US-Dollar aus (Hamilton und Kirchain 2000<ref>Hamilton W, Kirchain WR: Noni Juice. Benefits of noni juice may be limited to the vitamins, minerals, and possible placebo effect the product provides. US Pharmacist, 2000</ref>). Auch in Deutschland nimmt die Zahl der Anbieter dieser Saft-Spezialität rasch zu.
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− | ==Was ist Noni-Saft?==
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− | Es handelt sich um den Presssaft einer Pflanze, die als ''Morinda citrifolia'' bekannt ist. Anbieter wie die Firma Morinda behaupten, es handele sich um eine Pflanze, die in Französisch-Polynesien bereits seit Jahrhunderten wegen ihrer heilsamen Kräfte bekannt sei.
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− | Dabei wird suggeriert, dass es sich quasi um ein Mittel aus der polynesischen Kultur handele, aber in Wahrheit kennt man diese Pflanze auch in Indien als 'indische Maulbeere', in Samoa als 'Nonu', in Tahiti als 'Nono', in Südostasien als 'Nhau' und in Australien als 'Cheese fruit' (Meyer 2000, Mueller et al. 2000).<ref>Meyer R: Noni-Zubereitungen gegen Krebs u.a.? Arznei-Telegramm, Ausgabe Februar 2000</ref><ref>Mueller B, Scott MK, Sowinski KM, Prag KA: Noni Juice (Morinda citrifolia): hidden potential für hyperkalemia? Am J Kidney Dis 35: 310-312, 2000</ref> Auf den Fidschi-Inseln ist Morinda citrifolia unter den Namen Bois Douleur, Fromagier, Pina de Puerco, Benkudu, Kemudu, Kudu, Mekudu, Mengkudu oder Pache bekannt (Cambie 1986<ref>Cambie R: Fijian medical plants. in: Steiner, E. (Ed.): Folk medicine the art and the science. Washington D.C., American Medial Society, 68-89, 1986</ref>).
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− | ==Unklarheit wegen der Vielzahl von Morinda-Pflanzenarten==
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− | Es sind verschiedene Morinda-Pflanzen und Pflanzenbestandteile bekannt, denen im Gegensatz zu ''Morinda citrifolia'' tatsächlich klinische Wirkungen nachgesagt werden bzw. bei denen diese zum Teil bereits belegt sind. Dabei handelt es sich um:
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− | * die afrikanische ''Morinda lucida'' (Bonko-Frucht) und die afrikanische ''Morinda morindoides'',
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− | * die chinesische ''Morinda officinalis'' (Shangshen), die haitianische ''Morinda royoc'' (Safran-Frucht),
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− | * die mexikanische ''Morinda yucatanensis'' (Panuela-Frucht),
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− | * die philippinische ''Morinda bracteata'',
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− | * die indische ''Morinda tinctoria'',
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− | * die aus Sierra Leone stammende ''Morinda longiflora''
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− | * und die aus Java stammende ''Morinda trifolia'' (Hamilton und Kirchain 2000<ref>Hamilton W, Kirchain WR: Noni Juice. Benefits of noni juice may be limited to the vitamins, minerals, and possible placebo effect the product provides. US Pharmacist, 2000</ref>).
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− | Betrachtet man die bisherigen Studien über diverse Morinda-Pflanzenarten und deren Inhaltsstoffe, ergeben sich Hinweise auf mögliche Wirkungen, die sich allerdings nicht auf ''Morinda officinalis'' (der Basis des Noni-Saftes) beziehen, sondern auf die afrikanische ''Morinda lucida'' bzw. ''Morinda morindoides'' und die chinesische ''Morinda officinalis''.
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− | * ''Morinda lucida'' zeigte im Tierversuch an Ratten, die mit Stretozotocin künstlich zu Diabetikern gemacht wurden, eine deutliche antidiabetische Wirkung. Der methanolische Auszug aus ''Morinda lucida'' benth. (''Rubiaceae''), der allerdings aus den Blättern(!) der Pflanze gewonnen wurde, zeigte nach dreitägiger Fütterung der Tiere eine ebenso gute glukosesenkende Wirkung wie das Pharmakon Glibenclamid, welches die Ausscheidung von Insulin aus den Inselzellen der Bauchspeicheldrüse anregt (Olajide et al. 1999).<ref>Olajide OA, Awe SO, Makinde JM, Morebise O: Evaluation of the anti-diabetic property of Morinda lucida leaves in streptozotocin-diabetic rats. J Pharm Pharmacol 51: 1321-1324, 1999</ref>
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− | * Ein ebenfalls aus den Blättern von ''Morinda lucida'' gewonnener Auszug war in der Lage, im Reagenzglas eine Verringerung der Aktivität der Malariaerreger Plasmodium falciparum um bis zu 60% zu erreichen (Tona et al. 1999).<ref>Tona L, Ngimbi NP, Tsakala M, Mesia K, Cimanga K, Aperes S, De Bruyne T, Pieters L, Totte J, Vlietinck AJ: Antimalarial activity of 20 crude extracts from nine african medical plants used in Kinshasa, Congo. J Ethnopharmacol 68: 193-203, 1999</ref>
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− | * Wurzelextrakte aus ''Morinda morindoides'' konnten im Reagenzglas das Wachstum bestimmter Erreger von Darmkrankheiten (so genannten Amöben) hemmen (Tona et al. 1998)<ref>Tona L, Kambu K, Ngimbi NP, Cimanga K, Vlietinck AJ: Antiamoebic and phytochemical screening of some congolese medical plants. J Ethnopharmacol 61: 57-65, 1998</ref>. Allerdings erreichte der Extrakt nicht so gute Ergebnisse wie das Medikament Metronidazol.
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− | * Cimanga et al. (1997) isolierten aus den Blättern von ''Morinda morindoides'' ein Kaempferol (7-O-(alpha-L-rhamnopyranosyl-(1-->6)-(beta-D-glucopyranosyl-(1-->2)-beta-D-glucopyranosid), das in der Lage war, ein bestimmtes Untersystem der menschlichen Immunabwehr - das so genannte Komplementsystem - dosisabhängig zu hemmen. Dabei wurde sowohl der klassische als auch der alternative Aktivierungsweg gehemmt. Die Substanz wurde von den Autoren Morindaosid genannt. Da sie das Abwehrsystem hemmt, kann sie im Einzelfall entzündungshemmende Wirkung haben. Da das Komplementsystem jedoch dafür zuständig ist, fremde Bakterienoberflächen zu markieren und zum Angriff durch Abwehrzellen freizugeben bzw. eindringende Antigene, die bereits mit spezifischen IgG- oder IgM-Antikörpern markiert sind, zu erkennen und somit ebenfalls zur Verstärkung der Immunabwehr beizutragen, ist das Kaempferol offenbar nicht dazu geeignet, die Immunabwehr zu stärken.<ref>Cimanga K, De Bruyne T, Van Poel B, Ma Y, Claeys M, Pieters L, Kambu K, Tona L, Bakana P, Van den Berghe D, Vlietinck AJ: Complement-modulating properties of a kaempferol 7-O-rhamnosylsophoroside from the leaves of Morinda morindoides. Planta Med 63: 220-223, 1997</ref>
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− | * Die Wurzeln von ''Morinda officinalis'' enthalten verschiedene Substanzen wie z. B. vier verschiedene iridoide Glucoside, Iridoidlakton, Morindolid, Morofficinalosid, fünf verschiedene Anthraquinone, zwei Sterole und ein Ursan-Triterpen (Yoshikawa et al. 1995), deren einzelne Wirkungen aber bis heute noch nicht geklärt sind.<ref>Yoshikawa M, Yamaguchi S, Nishisaka H, Yamahara J, Murakami N: Chemical constituents of chinese natural medicine, morindae radix, the dried roots of morinda officinalis how.: structures of morindolide and morofficinaloside. Chem Pharm Bull (Tokyo) 43: 1462-1265, 1995</ref>
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− | * ''Morinda officinalis'' ist eine Pflanze mit weißen Blüten und einer Wurzel, die einen gelben Farbstoff liefert. In China wird sie als Ba ji tiane in den Provinzen Guangdong, Guangxi und Fujian angebaut und die Wurzel wird zeitig im Frühjahr geerntet. Diese enthält Morindin und Vitamin C. Die Wurzel wurde bereits im chinesischen Altertum (1. nachchristliches Jahrhundert) im Buch Shen non ben cao jing (="Wurzeln und Heilkräuter des gestaltenden Landmannes") erwähnt. Der Wurzelextrakt soll die Nierentätigkeit anregen, bei Unfruchtbarkeit und Impotenz helfen, unregelmäßige Periodenblutungen normalisieren, Schmerzen lindern und bei Blasenkatarrh und Harnschwäche, häufigem Harnlassen und Harninkontinenz wirksam sein (Chevallier 1999<ref>Chevallier A: Die BLV-Enzyklopädie der Heilpflanzen. BVL Verlagsgesellschaft München, S.235, 1999</ref>).
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− | ==Was ist der Inhalt von Morinda citrifolia (Noni-Saft)?==
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| [[image:xeronin.jpg|Strukturformel des hypothetischen [[Xeronin]] (nach R. Heinicke)|260px|thumb]] | | [[image:xeronin.jpg|Strukturformel des hypothetischen [[Xeronin]] (nach R. Heinicke)|260px|thumb]] |
| Der Saft von ''Morinda citrifolia'' enthält eine Substanz mit der Bezeichnung 'noni-ppt' (Hirazumi und Furusawa 1999), aber auch Anthraquinone (Hagendoorn et al. 1999<ref>Hagendoorn MJ, Jamar DC, van der Plas LH: Directing anthraquinone accumulation via manipulation of Morinda suspension cultures. Methods Mol Biol 111: 383-391, 1999</ref>) und hierbei u.a. Damnacanthal, das in den Wurzeln der Pflanze vorkommt (Hiramatsu et al. 1993<ref>Hiramatsu T, Imoto M, Koyano T, Umezawa K: Induction of normal phenotypes in ras-transformed cells by damnacanthal from Morinda citrifolia. Cancer Lett 73: 161-166, 1993</ref>). Natürlicherweise in Pflanzen vorkommende Anthraquinone, so genannte 1,8-Dihydroxyanthraquinone (1,8-DHA), sind häufiger Bestandteil von Abführmitteln (Laxantien). Im Tierversuch sind solche Substanzen möglicherweise krebserregend (Mueller und Stopper 1999).<ref>Mueller SO, Stopper H: Characterization of the genotoxicity of anthraquinones in mammalian cells. Biochim Biophys Acta 1428: 406-14, 1999</ref> Pflanzensäfte, die als Abführmittel benutzt werden, aktivieren im Zellkulturversuch die Urokinaseproduktion von Darmzellen, was die Entartung dieser Zellen fördern kann (Schorkhuber et al. 1998).<ref>Schorkhuber M, Richter M, Dutter A, Sontag G, Marian B: Effect of anthraquinone-laxatives on the proliferation and urokinase secretion of normal, premalignant and malignant colonic epithelial cells. Eur J Cancer 34: 1091-1098, 1998</ref> Eine tatsächliche krebserzeugende Wirkung von 1,8-DHA-reichen Abführmitteln wurde beim Menschen bisher weder bestätigt noch ausgeschlossen. | | Der Saft von ''Morinda citrifolia'' enthält eine Substanz mit der Bezeichnung 'noni-ppt' (Hirazumi und Furusawa 1999), aber auch Anthraquinone (Hagendoorn et al. 1999<ref>Hagendoorn MJ, Jamar DC, van der Plas LH: Directing anthraquinone accumulation via manipulation of Morinda suspension cultures. Methods Mol Biol 111: 383-391, 1999</ref>) und hierbei u.a. Damnacanthal, das in den Wurzeln der Pflanze vorkommt (Hiramatsu et al. 1993<ref>Hiramatsu T, Imoto M, Koyano T, Umezawa K: Induction of normal phenotypes in ras-transformed cells by damnacanthal from Morinda citrifolia. Cancer Lett 73: 161-166, 1993</ref>). Natürlicherweise in Pflanzen vorkommende Anthraquinone, so genannte 1,8-Dihydroxyanthraquinone (1,8-DHA), sind häufiger Bestandteil von Abführmitteln (Laxantien). Im Tierversuch sind solche Substanzen möglicherweise krebserregend (Mueller und Stopper 1999).<ref>Mueller SO, Stopper H: Characterization of the genotoxicity of anthraquinones in mammalian cells. Biochim Biophys Acta 1428: 406-14, 1999</ref> Pflanzensäfte, die als Abführmittel benutzt werden, aktivieren im Zellkulturversuch die Urokinaseproduktion von Darmzellen, was die Entartung dieser Zellen fördern kann (Schorkhuber et al. 1998).<ref>Schorkhuber M, Richter M, Dutter A, Sontag G, Marian B: Effect of anthraquinone-laxatives on the proliferation and urokinase secretion of normal, premalignant and malignant colonic epithelial cells. Eur J Cancer 34: 1091-1098, 1998</ref> Eine tatsächliche krebserzeugende Wirkung von 1,8-DHA-reichen Abführmitteln wurde beim Menschen bisher weder bestätigt noch ausgeschlossen. |
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− | Anbieter des Nonisaftes erwähnen immer wieder eine ominöse Substanz namens [[Xeronin]], die für Heilwirkungen verantwortlich sei. Bis heute ist aber nicht wissenschaftlich erwiesen, dass es diese Substanz überhaupt gibt. | + | Anbieter des Noni-Saftes machen einen Wirkstoff namens [http://de.wikipedia.org/wiki/Xeronin Xeronin], ein hypothetisches Alkaloid für dessen gesundheitlichen Wirkungen verantwortlich. Dieser ist jedoch in der medizinischen und pharmazeutischen Wissenschaft unbekannt. |
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− | ==Ist Noni ein Mittel geben Krebs?== | + | |
− | Verschiedene Anbieter behaupten, dass der Saft gegen Krebs wirksam sei und im World Wide Web finden sich diverse Hinweise auf angeblich geheilte Patienten, die jedoch bezeichnenderweise vage gehalten und unüberprüfbar sind. | + | ==Herkunft und Herstellung== |
− | | + | Noni-Saft ist Presssaft der Früchte des Noni-Baumes ('Morinda citrifolia''). Anbieter wie die Firma Morinda behaupten, es handele sich um eine Pflanze, die in Französisch-Polynesien bereits seit Jahrhunderten wegen ihrer heilsamen Kräfte bekannt sei. |
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| + | Vermutlich war die Pflanzenart ursprünglich im australischen Queensland heimisch. Von dort verbreitete sie sich sowohl über den Indischen Ozean als auch in die polynesische Inselwelt. Polynesische Seeleute brachten sie vor über 2000 Jahren nach Hawaii, wo sie unter den Namen "Noni" bekannt wurde. Heute findet man die Pflanze auch in vielen Küstenregionen Mittelamerikas und Westindiens sowie auf Madagaskar. |
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| + | Vermarkter behaupten, dass es sich um ein Mittel aus der polynesischen Kultur handelt, tatsächlich aber ist diese Pflanze auch in Indien als 'indische Maulbeere', in Samoa als 'Nonu', in Tahiti als 'Nono', in Südostasien als 'Nhau' und in Australien als 'Cheese fruit' bzw. 'Vomit fruit' bekannt (Meyer 2000, Mueller et al. 2000).<ref>Meyer R: Noni-Zubereitungen gegen Krebs u.a.? Arznei-Telegramm, Ausgabe Februar 2000</ref><ref>Mueller B, Scott MK, Sowinski KM, Prag KA: Noni Juice (Morinda citrifolia): hidden potential für hyperkalemia? Am J Kidney Dis 35: 310-312, 2000</ref> Auf den Fidschi-Inseln ist Morinda citrifolia unter den Namen Bois Douleur, Fromagier, Pina de Puerco, Benkudu, Kemudu, Kudu, Mekudu, Mengkudu oder Pache bekannt (Cambie 1986<ref>Cambie R: Fijian medical plants. in: Steiner, E. (Ed.): Folk medicine the art and the science. Washington D.C., American Medial Society, 68-89, 1986</ref>). |
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| + | Es sind verschiedene Pflanzen und Pflanzenbestandteile der Gattung 'Morinda' bekannt, denen im Gegensatz zu ''Morinda citrifolia'' tatsächlich klinische Wirkungen nachgesagt werden bzw. bei denen diese zum Teil bereits belegt sind. Dabei handelt es sich um: |
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| + | *die afrikanische ''Morinda lucida'' (Bonko-Frucht) und die afrikanische ''Morinda morindoides'', |
| + | *die chinesische ''Morinda officinalis'' (Shangshen), die haitianische ''Morinda royoc'' (Safran-Frucht), |
| + | *die mexikanische ''Morinda yucatanensis'' (Panuela-Frucht), |
| + | *die philippinische ''Morinda bracteata'', |
| + | *die indische ''Morinda tinctoria'', |
| + | *die aus Sierra Leone stammende ''Morinda longiflora'' |
| + | *und die aus Java stammende ''Morinda trifolia'' (Hamilton und Kirchain 2000<ref>Hamilton W, Kirchain WR: Noni Juice. Benefits of noni juice may be limited to the vitamins, minerals, and possible placebo effect the product provides. US Pharmacist, 2000</ref>). |
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| + | ==Gesundheitsversprechen== |
| + | Noni-Saft werden von seinen Befürwortern viele gesundheitsfördernde und heilende Wirkungen nachgesagt. Ein Wirkstoff namens [http://de.wikipedia.org/wiki/Xeronin Xeronin], ein hypothetisches Alkaloid, sei dafür verantwortlich. Das Einsatzspektrum des Saftes reicht angeblich von Diabetes und Arthritis über Depressionen und Übergewicht bis hin zu Krebs. |
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| + | Tatsächlich gibt es zu den angepriesenen Wirkungen keinerlei wissenschaftlich gesicherten Belege. Für die Anwendung zur Behandlung von Krankheiten mit Noni-Produkten ist eine Zulassung als Arzneimittel gesetzlich vorgeschrieben, welche innerhalb der Europäischen Union für keine einzige der angeblichen Wirkungen existiert. |
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| + | Die US-Aufsichtsbehörde für Lebensmittel- und Arzneimittelsicherheit FDA verwarnte bereits mehrfach Firmen, die mit medizinischer oder gesundheitsfördernder Wirkung von Noni-Produkten warben. <ref>Food and Drug Administration: [http://www.fda.gov/foi/warning_letters/g4958d.pdf ''Warning letter, August 26, 2004''] (PDF)</ref> <ref>Food and Drug Administration: [http://www.fda.gov/foi/warning_letters/g4686d.pdf ''Warning letter, August 29, 2004''] (PDF)</ref> Solche Werbung ist unzulässig, da in den USA kein Noni-Produkt als Arzneimittel zugelassen ist. |
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| + | ===angebliche Wirkung gegen Krebs=== |
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| + | Verschiedene Anbieter behaupten, dass Noni-Saft gegen Krebs wirksam sei und im Internet finden sich diverse Hinweise auf angeblich geheilte Patienten, die jedoch bezeichnenderweise vage gehalten und unüberprüfbar sind. |
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| In der medizinischen Fachliteratur finden sich einige Berichte über Tierversuche, in denen ein Inhaltsprodukt des Saftes, nämlich noni-ppt (s.o.) untersucht wurde. Am Department of Pharmacology der Burns School of Medicine der University of Hawaii in Honolulu analysierten von Hirazumi und Furasawa (1999) die Überlebenszeitspannen von tumortragenden Mäusen, die dieses Mittel erhielten.<ref>Hirazumi A, Furusawa E: An immunomodulatory polysaccharide-rich substance from the fruit juice of Morinda citrifolia (noni) with antitumour activity. Phytother Res 13: 380-387, 1999</ref> Den Tieren wurden Lewis-Lungenzell-Karzinomzellen (LLC) ins Bauchfell injiziert. Im vorher durchgeführten Reagenzglasversuch hatte noni-ppt keinen Einfluss auf das Zellwachstum von LLC gehabt, aber im Mausmodell schien eine gewisse Stimulation von Mediatoren wie Tumornekrosefaktor alpha (TNF-alpha), Interleukin-1 beta, IL10, IL-12 und Interferon-gamma zu erfolgen. Eine wirklich relevante Verbesserung der Überlebenszeit der Tiere ergab sich aber erst, als zusätzlich zum noni-ppt Chemotherapeutika wie Adriamycin, Cisplatin, 5-Fluorouracil oder Vincristin appliziert wurden. Dieser Versuch demonstriert, dass noni-ppt allein keine sonderlich hohe Wirksamkeit gegen Krebszellen zu besitzen scheint. | | In der medizinischen Fachliteratur finden sich einige Berichte über Tierversuche, in denen ein Inhaltsprodukt des Saftes, nämlich noni-ppt (s.o.) untersucht wurde. Am Department of Pharmacology der Burns School of Medicine der University of Hawaii in Honolulu analysierten von Hirazumi und Furasawa (1999) die Überlebenszeitspannen von tumortragenden Mäusen, die dieses Mittel erhielten.<ref>Hirazumi A, Furusawa E: An immunomodulatory polysaccharide-rich substance from the fruit juice of Morinda citrifolia (noni) with antitumour activity. Phytother Res 13: 380-387, 1999</ref> Den Tieren wurden Lewis-Lungenzell-Karzinomzellen (LLC) ins Bauchfell injiziert. Im vorher durchgeführten Reagenzglasversuch hatte noni-ppt keinen Einfluss auf das Zellwachstum von LLC gehabt, aber im Mausmodell schien eine gewisse Stimulation von Mediatoren wie Tumornekrosefaktor alpha (TNF-alpha), Interleukin-1 beta, IL10, IL-12 und Interferon-gamma zu erfolgen. Eine wirklich relevante Verbesserung der Überlebenszeit der Tiere ergab sich aber erst, als zusätzlich zum noni-ppt Chemotherapeutika wie Adriamycin, Cisplatin, 5-Fluorouracil oder Vincristin appliziert wurden. Dieser Versuch demonstriert, dass noni-ppt allein keine sonderlich hohe Wirksamkeit gegen Krebszellen zu besitzen scheint. |
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| Die Substanz Damnacanthal, eines der 1,8-DHAs im Presssaft von Morinda citrifolia, wurde in der Abteilung für Biochemie der School of Medicine der Chiba Universität in Japan von Hiwasa et al. (1999) im Hinblick auf eine Anti-Tumor-Wirkung untersucht.<ref>Hiwasa T, Arase Y, Chen Z, Kita K, Umezawa K, Ito H, Suzuki N: Stimulation of ultraviolet-induced apoptosis of human fibroblast UVr-1 cells by tyrosine kinase inhibitors. FEBS Lett 444: 173-176, 1999</ref> Im Zellkulturversuch an menschlichen UV-Licht-resistenten fibroblastischen Tumorzellen der Haut konnte man den Zerstörungsgrad der Zellen steigern, wenn vor einer UV-Lichttherapie Damnacanthal appliziert wurde. Die Substanz allein zeigte aber keine Wirkung gegen die Fibroblasten. | | Die Substanz Damnacanthal, eines der 1,8-DHAs im Presssaft von Morinda citrifolia, wurde in der Abteilung für Biochemie der School of Medicine der Chiba Universität in Japan von Hiwasa et al. (1999) im Hinblick auf eine Anti-Tumor-Wirkung untersucht.<ref>Hiwasa T, Arase Y, Chen Z, Kita K, Umezawa K, Ito H, Suzuki N: Stimulation of ultraviolet-induced apoptosis of human fibroblast UVr-1 cells by tyrosine kinase inhibitors. FEBS Lett 444: 173-176, 1999</ref> Im Zellkulturversuch an menschlichen UV-Licht-resistenten fibroblastischen Tumorzellen der Haut konnte man den Zerstörungsgrad der Zellen steigern, wenn vor einer UV-Lichttherapie Damnacanthal appliziert wurde. Die Substanz allein zeigte aber keine Wirkung gegen die Fibroblasten. |
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| Dass der Pflanzensaft der ''Morinda citrifolia'' eine gewisse Wirkung gegen Bakterien und Pilze haben könnte, geht aus einer Studie über den in Indonesien verbreiteten Pflanzenmischsaft 'Jamu Gedong' hervor. Limyati und Junair (1998) von der Widya Mandala Catholic University im indonesischen Surabaya fanden bei der Untersuchung des Bakterien- und Schimmelpilzbefalls verschiedener Früchte - u.a. auch von Morinda citrifolia - eine etwas geringere Kontamination durch diese Erreger.<ref>Limyati DA, Juniar BL: Jamu Gedong, a kind of traditional medicine in Indonesia: the microbial contamination of its raw materials and endproduct. J Ethnopharmacol 63: 201-208, 1998</ref> Allerdings ist der dafür möglicherweise verantwortliche Wirkstoff nicht bekannt und auch die Stärke des Schutzes der Pflanzen vor Bakterien und Schimmelpilzen ist noch nicht untersucht worden. | | Dass der Pflanzensaft der ''Morinda citrifolia'' eine gewisse Wirkung gegen Bakterien und Pilze haben könnte, geht aus einer Studie über den in Indonesien verbreiteten Pflanzenmischsaft 'Jamu Gedong' hervor. Limyati und Junair (1998) von der Widya Mandala Catholic University im indonesischen Surabaya fanden bei der Untersuchung des Bakterien- und Schimmelpilzbefalls verschiedener Früchte - u.a. auch von Morinda citrifolia - eine etwas geringere Kontamination durch diese Erreger.<ref>Limyati DA, Juniar BL: Jamu Gedong, a kind of traditional medicine in Indonesia: the microbial contamination of its raw materials and endproduct. J Ethnopharmacol 63: 201-208, 1998</ref> Allerdings ist der dafür möglicherweise verantwortliche Wirkstoff nicht bekannt und auch die Stärke des Schutzes der Pflanzen vor Bakterien und Schimmelpilzen ist noch nicht untersucht worden. |
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| Die bisher bekannten Veröffentlichungen über die tatsächliche Wirksamkeit des Pflanzensaftes aus ''Morinda citrifolia'' ergeben ein eher ernüchterndes Bild. Bisher gibt es nur wenige Tier- und Zellkulturversuche. Weder eine Patientenstudie, noch eine glaubhafte Fallbeschreibung eines angeblich geheilten (Krebs-)Patienten liegt vor. Für die Behauptung, dass Noni-Saft eine krebsvernichtende Wirkung beim Menschen habe, gibt es bisher keinerlei Beweise. Von propagierten Heilerfolgen in anderen Indikationsbereichen liegen gar keine Berichte vor. | | Die bisher bekannten Veröffentlichungen über die tatsächliche Wirksamkeit des Pflanzensaftes aus ''Morinda citrifolia'' ergeben ein eher ernüchterndes Bild. Bisher gibt es nur wenige Tier- und Zellkulturversuche. Weder eine Patientenstudie, noch eine glaubhafte Fallbeschreibung eines angeblich geheilten (Krebs-)Patienten liegt vor. Für die Behauptung, dass Noni-Saft eine krebsvernichtende Wirkung beim Menschen habe, gibt es bisher keinerlei Beweise. Von propagierten Heilerfolgen in anderen Indikationsbereichen liegen gar keine Berichte vor. |
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− | ==Rechtliche Schritte gegen Noni-Marketing== | + | |
− | US-Paramedizinkritiker Stephen Barrett berichtet auf seiner Homepage über verschiedene behördliche Schritte gegen das fragwürdige Noni-Marketing.
| + | ==Nebenwirkungen== |
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− | In den Vereinigsten Staaten stellten die Justizministerien der Bundesstaaten Arizona, California, New Jersey und Texas im August 1998 fest, dass das Multi-Level-Marketing der Firma Morinda in den USA unter Verwendung unhaltbarer Behauptungen über die Wirksamkeit ihres Produktes durchgeführt werde. Da die Firma in den USA behaupte, ihr Saft sei u. a. gegen Diabetes, Depression, Hämorrhoiden und Arthritis wirksam, handele es sich um ein nicht zugelassenes Arzneimittel – das jedoch erst dann mit diesen Behauptungen in den Handel kommen dürfe, wenn seine Wirksamkeit nachgewiesen sei. Deshalb wurde der Firma von der U.S. Food and Drug Administration untersagt, mit falschen Behauptungen zu werben und dies solange zu unterlassen, bis ein wissenschaftlicher Beleg für diese Behauptungen vorgelegt werde. Außerdem wurde Morinda Inc. verpflichtet, 100.000 US-Dollar für Forschungszwecke zur Verfügung zu stellen.
| + | ===lebertoxische Wirkung=== |
− | | + | Ergänzend zu der bereits im Jahr 2003 veröffentlichten Unbedenklichkeitsbescheinigung durch das EU Scientific Committee on Foods (SCF) veröffentlichte die Österreichische Agentur für Gesundheit und Ernährungssicherheit (AGES) einen eigenen Untersuchungsbericht, in dem ein Zusammenhang zwischen dem Konsum von Tahitian Noni Juice und Lebertoxizität verneint wird ("Eine lebertoxische Wirkung durch das oben beschriebene Produkt ist aufgrund der derzeit vorliegenden Erkenntnisse nicht nachvollziehbar."). <ref>Österreichische Agentur für Gesundheit und Ernährungssicherheit: [http://www13.ages.at/servlet/sls/Tornado/web/ages/content/298140DA45815663C125704400438709 ''AGES nimmt Stellung zu Noni-Saft ("Tahitian Noni Juice")''], 20. September 2006</ref> |
− | In Finnland wurden ebenfalls behördliche Schritte gegen die anbietende Morinda Inc. eingeleitet. Das finnische Ernährungsministerium untersagte im November 1998 mit der Entscheidung E 27/216/98 den Import, Export, Lagerung und Verkauf von Produkten dieser Firma, die diese unter der Bezeichnung 'Noni' vertrieben hatte. Diese Verfügung habe solange Geltung, bis Morinda in der Lage sei, einen Beleg für die in ihren Vertriebsunterlagen aufgeführten Behauptungen zu erbringen, nämlich dass der Noni-Saft gegen HIV, Krebs, Diabetes, Rheuma, Bluthochdruck, Hypercholesterinämie, Psoriasis, Allergien, Herzrhythmusstörungen, chronische Entzündungen und schmerzende Gelenke nachgewiesenermaßen wirksam sei.
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− | | + | Die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) leitete ihrerseits ein Prüfverfahren dazu ein, ob aufgrund der aufgetretenen Fälle eine Neubewertung hinsichtlich der Lebensmittelsicherheit erforderlich ist. Am 6. September 2006 veröffentlichte sie ihren Untersuchungsbericht, der besagt, dass der Konsum von Tahitian Noni Juice unbedenklich sei.<ref>Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit: [http://www.efsa.europa.eu/en/press_room/press_release/pr_nda_noni_juice.html ''EFSA re-assesses safety of noni juice''], 6. September 2006, Bundesinstitut für Risikobewertung: [http://www.bfr.bund.de/cm/208/efsa_bewertet_erneut_die_sicherheit_von_noni_saft.pdf ''EFSA bewertet erneut die Sicherheit von Noni-Saft''] (PDF), 6. September 2006</ref> |
− | Das ehemalige Bundesinstitut für gesundheitlichen Verbraucherschutz und Veterinärmedizin (seit November 2002: Bundesinstitut für Risikobewertung) wies in einer Pressemeldung am 13. Februar 2001 darauf hin, dass Noni-Säfte in Deutschland derzeit nicht zum Kauf angeboten werden dürfen. Die in Belgien für die EU beantragte Zulassung eines Noni-Saft-Produktes als Lebensmittel wurde bislang nicht erteilt. Bis zum Abschluss des Verfahrens ist das Inverkehrbringen untersagt. Nach Ansicht der 'Sachverständigenkommission Neuartige Lebensmittel' des BgVV bilden die eingereichten Antragsunterlagen keine ausreichende Grundlage für die Beurteilung der gesundheitlichen Unbedenklichkeit des Produktes. Die Zolldienststellen und die für die Lebensmittelüberwachung zuständigen Einrichtungen der Bundesländer wurden entsprechend informiert. Da Noni-Saft auch über das Internet im Direktvertrieb angeboten wird, weist das BgVV Verbraucher darauf hin, dass der Verkauf illegal sei und der Kauf eines solchen Produktes auf eigenes Risiko erfolge.
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− | | + | ("On the basis of the available toxicological information [...] the Panel considers it unlikely that consumption of noni juice, at the observed levels of intake, induces adverse human liver effects."). <ref>Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit: [http://www.efsa.europa.eu/etc/medialib/efsa/science/nda/nda_opinions/nda_op_ej376_noni.Par.0002.File.dat/nda_op_ej376_noni%20juice_summary_en.pdf ''Opinion on a request from the Commission related to the safety of noni juice (juice of the fruits of Morinda citrifolia)''] (PDF), 1. September 2006</ref> |
− | Dies bedeutet, dass derzeit legal kein Nonisaft angeboten werden kann. Die BgVV scheint das Verbot jedoch offenbar nicht sonderlich zu überwachen. Es lassen sich mit Internet-Suchmaschinen problemlos Dutzende Anbieter ermitteln, die weiterhin ganz offen von Deutschland aus Noni-Saft anbieten, als existierte kein Verkaufsverbot. So hostet ein Andreas Gebel, Isegrimstrasse 28a, München die URLs wellnessdeluxe.com und grandnoni.com, eine Dagmar Ungruh, Im Sauerfeld 22, 44532 Luenen die URLs noni-nonisaft-powernoni.de und powernoni.de, ein Udo Weissenfels, In der Sehl 17, 53557 Bad Hönningen die URL suedsee-noni.de oder der Berliner Jan Harmening (Elberfelder Str. 28) die URL nasund.de. Er bietet dort über den MLM-Vertrieb Neways Noni-Saft zum Preis von 39 Euro pro 960 ml an.
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− | | + | Betont wird, dass die Untersuchung sich ausschließlich auf mögliche Leberschädigungen bezog und keine Aussagen zur medizinischen Wirksamkeit des Produktes gemacht werden. |
− | Es gibt mittlerweile auch ein einschlägiges Urteil des Oberlandesgericht Hamm (4 U 114/01), das am 25. Oktober 2001 urteilte, dass sowohl die Noni-Frucht als auch die daraus hergestellten Produkte im Bereich der EU als neuartiges Lebensmittel im Sinne der EG-Verordnung Nr. 258/97 einzustufen seien. Demnach dürfen Lebensmittel, die - wie die Noni-Produkte - aus Pflanzen gewonnen wurden, nur dann in der EU vertrieben werden, wenn sie das in der Verordnung vorgesehene besondere Zulassungsverfahren durchlaufen haben. Ein derartiges Zulassungsverfahren ist für Noni-Produkte zwar bereits anhängig, aber noch nicht abgeschlossen, so dass der derzeitige Vertrieb von Noni-Produkten nicht zulässig sei. In der Vorinstanz waren dem Anbieter, der Noni-Produkte aus Morinda-Citrifolia angeboten hatte, bereits verschiedene werbende Aussagen untersagt worden, die dieser im Geschäftsverkehr benutzt hatte. Es handelte sich um Aussagen wie 'Das Ziel, die Schlacken und Giftstoffe aus dem Körper zu eliminieren, haben wir endlich erreicht', 'Krebsbehandlung und Mangelzustände', 'Herzkreislauf- und Blutdruckprobleme', 'Pilzbehandlung und Darmsanierung', 'Verschlackung und Giftablagerung', 'Leistungssteigerung für Muskeln und Gehirn', etc. (Magazin Dienst; Verband Sozialer Wettbewerb 2002<ref>* Verband Sozialer Wettbewerb Magazin Dienst, Nr.3, S.279-283, 2002</ref>).
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− | | + | In zwei wissenschaftlichen Publikationen aus dem Jahr 2005 wurden drei Fälle von akuter Leberentzündung (Hepatitis) beschrieben, bei denen ein Zusammenhang mit dem Verzehr von Noni-Säften bestehen könnte. Nach diesen Berichten hatte die französische Lebensmittelbehörde Agence française de sécurité sanitaire (AFSSA) im Oktober 2005 eine Warnung an Konsumenten veröffentlicht, nicht mehr als 30 ml Noni-Saft pro Tag einzunehmen. <ref>Agence française de sécurité sanitaire: [http://www.afssa.fr/ftp/afssa/32100-32101.pdf ''Communiqué: Relatif au Jus de Noni''] (PDF), 13. Oktober 2005</ref> |
− | Aber wie bei vielen fragwürdigen Produkten, die in Deutschland angeboten werden, klaffen erhebliche Lücken zwischen Anspruch und Wirklichkeit. Die einzelnen Landesbehörden prüfen offenbar nur die Produkte, die in den Läden verkauft werden, nicht aber aus eigener Initiative die Anbieter im Internet.
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− | | + | In Deutschland prüfte das Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) Anfang 2006 einen Fall von Leberentzündung nach Verzehr von Noni-Saft. <ref>Bundesinstitut für Risikobewertung: [http://www.bfr.bund.de/cm/208/koennen_noni_saefte_die_gesundheit_schaedigen.pdf ''Können Noni-Säfte die Gesundheit schädigen?''] (PDF; 103 kB), 6. März 2006</ref> |
− | Zusätzlich gibt es eine legale Lücke aufgrund unterschiedlichen europäischen Lebensmittelrechts. Da offensichtlich einige Noni-Produkte in Österreich als 'Verzehrprodukte' angemeldet wurden und dort legal weiterhin im Verkehr sind, ist deren Export in die restliche EU ohne weiteres legal möglich. In Deutschland geschieht dies gemäß § 47 b LMBG. Dieser erlaubt den Vertrieb von Lebensmitteln aus dem EU-Ausland, die in der BRD in dieser Form nicht verkehrsfähig wären, solange es nicht gelungen ist, dem Lebensmittel eine schädliche Wirkung nachzuweisen. Auf diese Weise kann auf rechtsstaatlicher Basis das nur auf dem Papier bestehende Noni-Verkaufsverbot unterlaufen werden. Man kann nur jene Anbieter vom Markt ziehen, die keine Anmeldung als österreichisches Verzehrprodukt vorweisen können.
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− | ==Werbung mit fragwürdigen Aussagen ist üblich==
| + | ===Nierenschäden=== |
− | [[image:Heinicke.jpg|Ralph Heinicke|thumb]]
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− | Als Beispiel sei eine mittlerweile nicht mehr im Netz befindliche Homepage des Freyunger Karl Wurm genannt, der Noni-Saft verkaufte. Er behauptete, dass "Dr. Ralph Heinicke, er ist ein führender Biochemiker in den USA" eine entscheidende Entdeckung gemacht habe. So soll R. M. Heinicke nach dem Studium von Enzymen der Ananas ein Alkaloid gefunden haben, das er [[Xeronin]]e genannt habe und welches lebenswichtig für die Funktion des Körpers sei.
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− | Sucht man in der medizinischen Fachliteratur nach dem Biochemiker Heinicke, findet man gerade mal drei kurze Beiträge aus den späten 1960er und frühen 1970er Jahren, in denen er über die Wirkung von [[Bromelain]] aus der Ananas berichtete (Heinicke et al. 1967, 1971 und 1972).<ref>Heinicke RM, Levand O, Sugai R, Larson C: Supplementary proteases and gastric digestion. Exp Med Surg, 25, 156-168, 1967</ref><ref>Heinicke RM, Ito T, McCarthy L, Yokoyama M: Effect of bromelain on clinical laboratory tests after oral administration. Jpn Heart J 12: 517-527, 1971</ref><ref>Heinicke RM, Wal L van der, Yokoyama M: Effect of bromelain (Ananase) on human platelet aggregation. Experientia 28: 844-845, 1972</ref>
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− | Bromelain ist ein proteolytisches Enzym, das sich in den Stämmen und Früchten der Ananas findet. Wie das Papain, dem es strukturell ähnelt, gehört es zu den so genannten Thiolproteasen und ist ein pflanzliches Verdauungsenzym. Papain wiederum ist ein Enzym, das Peptidbindungen spalten kann und bevorzugt Lysin- und Argininbindungen angreift. In der Laboranalyse wird Papain bevorzugt zum vorsichtigen Aufspalten von Immunglobulinen benutzt. Der Ananas wurden in den letzten Jahren vor allem Wirkungen als Gebärmuttertonikum nachgesagt, die sich aber in der Realität nicht bewahrheitet haben.
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− | Ralph Heinicke trat nach den frühen 1970er Jahren in der medizinischen Fachliteratur nicht mehr in Erscheinung. Von einem 'führenden Biochemiker' kann also keinesfalls die Rede sein. Lediglich im Jahre 1997 wurden von ihm auf http://www.halfpricenoni.com/magicfruit.html, einer Noni-Marketing-Website, ungenaue und reichlich dürftige Informationen zu den angeblich von ihm gefundenen 'Xeroninen' veröffentlicht.
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− | Auf der gleichen Website wird (allerdings nicht von Heinicke selbst) die Behauptung erhoben "A report from Cancer Letters claims that Noni turned cancer cells back into normal cells!". Auf deutsch: ein Bericht in der US-Fachzeitschrift Cancer Letters habe behauptet, Noni sei in der Lage, Krebszellen in normale Zellen zurückzuverwandeln. Einen solchen Bericht hat es nie gegeben, was sich in der Fachliteratur auch leicht nachprüfen lässt.
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− | ==Noni ist für schwer nierenkranke Patienten offenbar gefährlich== | |
| Mueller et al. (2000) berichten von einem nierenkranken Patienten, der zur Behandlung einer Hyperkaliämie in die nephrologische Ambulanz der Universität Indianapolis (US-Bundesstaat Indiana) kam.<ref>Mueller B, Scott MK, Sowinski KM, Prag KA: Noni Juice (Morinda citrifolia): hidden potential für hyperkalemia? Am J Kidney Dis 35: 310-312, 2000</ref> Der Mann, der an einer chronischen Niereninsuffizienz mit deutlich erhöhten Kreatininwerten litt, wurde in relativ kurzer Zeit zweimal wegen einer massiven Hyperkaliämie eingeliefert. Er berichtete den Ärzten, dass er seinen Kostplan und seine Trinkgewohnheiten streng den ärztlichen Auflagen angepasst habe, so dass zunächst unklar war, woher die massive Zufuhr von Kalium kam. Auf Nachfrage gab der Patient zu, seit längerer Zeit regelmäßig Noni-Saft (ein Glas vor jeder Mahlzeit) zu trinken, den er aus einer Drogerie bezog. Daraufhin wurde der Saft auf seine Kaliumkonzentration hin untersucht und es stellte sich heraus, dass dieser Saft mit einer Konzentration von 56,3 +/- 2,5 mEq/l eine fast so hohe Kaliummenge enthielt wie beispielsweise Tomatensaft (58 mEq/l) und deutlich höher als bei Grapefruitsaft (43 mEq/l) oder Apfelsaft (32 mEq/l). Gerade solche Pflanzensäfte sollten von Nierenkranken gemieden werden, da sie die aufgenommenen Kaliummengen nicht mehr in ausreichendem Maß ausscheiden können, was zu einem lebensdrohlichen Anstieg der Kaliumkonzentration im Blut führen kann. | | Mueller et al. (2000) berichten von einem nierenkranken Patienten, der zur Behandlung einer Hyperkaliämie in die nephrologische Ambulanz der Universität Indianapolis (US-Bundesstaat Indiana) kam.<ref>Mueller B, Scott MK, Sowinski KM, Prag KA: Noni Juice (Morinda citrifolia): hidden potential für hyperkalemia? Am J Kidney Dis 35: 310-312, 2000</ref> Der Mann, der an einer chronischen Niereninsuffizienz mit deutlich erhöhten Kreatininwerten litt, wurde in relativ kurzer Zeit zweimal wegen einer massiven Hyperkaliämie eingeliefert. Er berichtete den Ärzten, dass er seinen Kostplan und seine Trinkgewohnheiten streng den ärztlichen Auflagen angepasst habe, so dass zunächst unklar war, woher die massive Zufuhr von Kalium kam. Auf Nachfrage gab der Patient zu, seit längerer Zeit regelmäßig Noni-Saft (ein Glas vor jeder Mahlzeit) zu trinken, den er aus einer Drogerie bezog. Daraufhin wurde der Saft auf seine Kaliumkonzentration hin untersucht und es stellte sich heraus, dass dieser Saft mit einer Konzentration von 56,3 +/- 2,5 mEq/l eine fast so hohe Kaliummenge enthielt wie beispielsweise Tomatensaft (58 mEq/l) und deutlich höher als bei Grapefruitsaft (43 mEq/l) oder Apfelsaft (32 mEq/l). Gerade solche Pflanzensäfte sollten von Nierenkranken gemieden werden, da sie die aufgenommenen Kaliummengen nicht mehr in ausreichendem Maß ausscheiden können, was zu einem lebensdrohlichen Anstieg der Kaliumkonzentration im Blut führen kann. |
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| + | |
| Obwohl der Patient auf seine gesundheitliche Gefährdung, die sich aufgrund seines regelmäßigen Noni-Saft-Konsums ergab, hingewiesen worden war, reagierte er uneinsichtig. Er war der Ansicht, dass ihn der Saft von seinem Leiden kurieren könne, da angeblich ein Verwandter nach Einnahme des Saftes von Krebs geheilt worden war. Die Ärzte seien nur nicht willens, die 'Macht des Noni-Saftes zu verstehen'. Er verließ die Klinik und kehrte nicht zurück. Mueller et al. (2000) rieten deshalb allen Ärzten, die bei ihren nierenkranken Patienten nach Ursachen einer scheinbar unerklärlichen Hyperkaliämie suchen, auf den Konsum von kaliumreichen Pflanzensäften zu achten.<ref>Mueller B, Scott MK, Sowinski KM, Prag KA: Noni Juice (Morinda citrifolia): hidden potential für hyperkalemia? Am J Kidney Dis 35: 310-312, 2000</ref> | | Obwohl der Patient auf seine gesundheitliche Gefährdung, die sich aufgrund seines regelmäßigen Noni-Saft-Konsums ergab, hingewiesen worden war, reagierte er uneinsichtig. Er war der Ansicht, dass ihn der Saft von seinem Leiden kurieren könne, da angeblich ein Verwandter nach Einnahme des Saftes von Krebs geheilt worden war. Die Ärzte seien nur nicht willens, die 'Macht des Noni-Saftes zu verstehen'. Er verließ die Klinik und kehrte nicht zurück. Mueller et al. (2000) rieten deshalb allen Ärzten, die bei ihren nierenkranken Patienten nach Ursachen einer scheinbar unerklärlichen Hyperkaliämie suchen, auf den Konsum von kaliumreichen Pflanzensäften zu achten.<ref>Mueller B, Scott MK, Sowinski KM, Prag KA: Noni Juice (Morinda citrifolia): hidden potential für hyperkalemia? Am J Kidney Dis 35: 310-312, 2000</ref> |
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− | ==Gesamtbewertung== | + | |
− | Nach den bisher bekannten Informationen über den 'Noni-Saft', der auch in Deutschland durch Multi-Level-Marketing-Strukturen vertrieben wird, scheint es sich um eine Modeerscheinung zu handeln. Der Saft sichert offenbar gute Verdienstspannen: Meyer (2000<ref>Meyer R: Noni-Zubereitungen gegen Krebs u.a.? Arznei-Telegramm, Ausgabe Februar 2000</ref>) berichtet von Preisen bis zu 125 Euro pro Flasche, während Karl Wurm aus Freyung - der auf seiner mittlerweile gelöschten Homepage betonte, kein Multi-Level-Marketing zu betreiben und damals noch Mitarbeiter suchte, "um dieses einmalige Naturprodukt zu vertreiben" - eine Flasche Noni-Saft für etwa 50 Euro plus Versandkosten anbot. Da empfohlen wurde, 2 x 30 ml Saft täglich über einen 90tägigen Zeitraum einzunehmen und eine Flasche für gewöhnlich einen Liter Flüssigkeit enthielt, ergeben sich Kosten von 250-300 Euro. Auch Hochleistungssportlern wurde das Mittel empfohlen; Karl Wurm empfahl hier eine Dosis von 4 x 30 ml täglich, wobei in der empfohlenen Zeitspanne von 90 Tagen Kosten von über 500 € entstehen. Es wurden also exorbitante Preise für ein Mittel ohne Wirksamkeitsnachweis verlangt.
| + | ==Studienlage== |
− | | + | Betrachtet man die bisherigen Studien über verschieden Morinda-Arten und deren Inhaltsstoffe, ergeben sich Hinweise auf mögliche Wirkungen, die sich allerdings nicht auf ''Morinda officinalis'' (der Basis des Noni-Saftes) beziehen, sondern auf die afrikanische ''Morinda lucida'' bzw. ''Morinda morindoides'' und die chinesische ''Morinda officinalis''. |
− | Bisher haben jedoch weder Hersteller noch Distributoren dieses Saftes glaubwürdige Belege für die Wirksamkeit ihres Produktes vorgelegt und in den USA und Finnland wurden bereits behördliche Schritte gegen eine der Herstellerfirmen eingeleitet. Anstelle einer üblicheren Indien-, Tibet- oder Chinalegende wird das Produkt unter Zuhilfenahme einer polynesischen 'heilen Welt' vermarktet; hier muß sicherlich auch der Aspekt der für den Verbraucher nur begrenzt oder gar nicht möglichen Überprüfbarkeit der Behauptungen beachtet werden.
| + | |
− | | + | * ''Morinda lucida'' zeigte im Tierversuch an Ratten, die mit Stretozotocin künstlich zu Diabetikern gemacht wurden, eine deutliche antidiabetische Wirkung. Der methanolische Auszug aus ''Morinda lucida'' benth. (''Rubiaceae''), der allerdings aus den Blättern(!) der Pflanze gewonnen wurde, zeigte nach dreitägiger Fütterung der Tiere eine ebenso gute glukosesenkende Wirkung wie das Pharmakon Glibenclamid, welches die Ausscheidung von Insulin aus den Inselzellen der Bauchspeicheldrüse anregt (Olajide et al. 1999).<ref>Olajide OA, Awe SO, Makinde JM, Morebise O: Evaluation of the anti-diabetic property of Morinda lucida leaves in streptozotocin-diabetic rats. J Pharm Pharmacol 51: 1321-1324, 1999</ref> |
− | Dr. Manfred Stein vom Europäischen Institut für Lebensmittel- und Ernährungswissenschaften (http://www.eule.com) zufolge, werden die Früchte des Nonibaumes von der einheimischen Bevölkerung Polynesiens wegen des seifigen Geruchs und fauligen Geschmacks lediglich während Hungersnöten konsumiert. Es liegt die Vermutung nahe, dass letztlich ein inakzeptables Produkt für teures Geld angeboten wird, das in Polynesien wohl nicht nur aus geschmacklichen Gründen unbeachtet bleibt.
| + | |
− | | + | * Ein ebenfalls aus den Blättern von ''Morinda lucida'' gewonnener Auszug war in der Lage, im Reagenzglas eine Verringerung der Aktivität der Malariaerreger Plasmodium falciparum um bis zu 60% zu erreichen (Tona et al. 1999).<ref>Tona L, Ngimbi NP, Tsakala M, Mesia K, Cimanga K, Aperes S, De Bruyne T, Pieters L, Totte J, Vlietinck AJ: Antimalarial activity of 20 crude extracts from nine african medical plants used in Kinshasa, Congo. J Ethnopharmacol 68: 193-203, 1999</ref> |
− | Wirksamkeit: Es gibt keinen seriösen Hinweis auf Wirksamkeit.
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− | | + | * Wurzelextrakte aus ''Morinda morindoides'' konnten im Reagenzglas das Wachstum bestimmter Erreger von Darmkrankheiten (so genannten Amöben) hemmen (Tona et al. 1998)<ref>Tona L, Kambu K, Ngimbi NP, Cimanga K, Vlietinck AJ: Antiamoebic and phytochemical screening of some congolese medical plants. J Ethnopharmacol 61: 57-65, 1998</ref>. Allerdings erreichte der Extrakt nicht so gute Ergebnisse wie das Medikament Metronidazol. |
− | Schadenfälle: Der hohe Kaliumgehalt kann bei Nierenkranken zu ernsten Problemen führen.
| + | |
− | | + | * Cimanga et al. (1997) isolierten aus den Blättern von ''Morinda morindoides'' ein Kaempferol (7-O-(alpha-L-rhamnopyranosyl-(1-->6)-(beta-D-glucopyranosyl-(1-->2)-beta-D-glucopyranosid), das in der Lage war, ein bestimmtes Untersystem der menschlichen Immunabwehr - das so genannte Komplementsystem - dosisabhängig zu hemmen. Dabei wurde sowohl der klassische als auch der alternative Aktivierungsweg gehemmt. Die Substanz wurde von den Autoren Morindaosid genannt. Da sie das Abwehrsystem hemmt, kann sie im Einzelfall entzündungshemmende Wirkung haben. Da das Komplementsystem jedoch dafür zuständig ist, fremde Bakterienoberflächen zu markieren und zum Angriff durch Abwehrzellen freizugeben bzw. eindringende Antigene, die bereits mit spezifischen IgG- oder IgM-Antikörpern markiert sind, zu erkennen und somit ebenfalls zur Verstärkung der Immunabwehr beizutragen, ist das Kaempferol offenbar nicht dazu geeignet, die Immunabwehr zu stärken.<ref>Cimanga K, De Bruyne T, Van Poel B, Ma Y, Claeys M, Pieters L, Kambu K, Tona L, Bakana P, Van den Berghe D, Vlietinck AJ: Complement-modulating properties of a kaempferol 7-O-rhamnosylsophoroside from the leaves of Morinda morindoides. Planta Med 63: 220-223, 1997</ref> |
− | Fazit: Überteuerter Saft aus einer fernöstlichen Frucht, die von den Einheimischen selbst nur in Notzeiten verzehrt wird. Derzeit herrscht ein Vermarktungsverbot in der EU, bis eine Zulassung als Novel-Food erfolgt ist. MLM-Vertreiber verkaufen aber weiter ungehindert. | + | |
− | | + | * Die Wurzeln von ''Morinda officinalis'' enthalten verschiedene Substanzen wie z. B. vier verschiedene iridoide Glucoside, Iridoidlakton, Morindolid, Morofficinalosid, fünf verschiedene Anthraquinone, zwei Sterole und ein Ursan-Triterpen (Yoshikawa et al. 1995), deren einzelne Wirkungen aber bis heute noch nicht geklärt sind.<ref>Yoshikawa M, Yamaguchi S, Nishisaka H, Yamahara J, Murakami N: Chemical constituents of chinese natural medicine, morindae radix, the dried roots of morinda officinalis how.: structures of morindolide and morofficinaloside. Chem Pharm Bull (Tokyo) 43: 1462-1265, 1995</ref> |
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| + | * ''Morinda officinalis'' ist eine Pflanze mit weißen Blüten und einer Wurzel, die einen gelben Farbstoff liefert. In China wird sie als Ba ji tiane in den Provinzen Guangdong, Guangxi und Fujian angebaut und die Wurzel wird zeitig im Frühjahr geerntet. Diese enthält Morindin und Vitamin C. Die Wurzel wurde bereits im chinesischen Altertum (1. nachchristliches Jahrhundert) im Buch Shen non ben cao jing (="Wurzeln und Heilkräuter des gestaltenden Landmannes") erwähnt. Der Wurzelextrakt soll die Nierentätigkeit anregen, bei Unfruchtbarkeit und Impotenz helfen, unregelmäßige Periodenblutungen normalisieren, Schmerzen lindern und bei Blasenkatarrh und Harnschwäche, häufigem Harnlassen und Harninkontinenz wirksam sein (Chevallier 1999<ref>Chevallier A: Die BLV-Enzyklopädie der Heilpflanzen. BVL Verlagsgesellschaft München, S.235, 1999</ref>). |
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| + | ==Vermarktung== |
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| + | Noni-Saft wird aggressiv über das [[MLM|Multilevel Marketing]] als [[Wellness]]getränk, aber auch zur Vorbeugung von Krankheiten bis hin zu Krebstherapie angepriesen. Immer häufiger werden einfache Lebensmittel, die meist exotischen Ursprungs sind, über Strukturvertriebe nach Europa gebracht. Um den Verkauf anzukurbeln, wird das Produkt mit [[Health Claims|Heilwirkungen]] versehen. |
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| + | Seit Beginn des Jahres 1999 tauchte in Deutschland, Österreich und der Schweiz massive Werbung für Noni-Saft auf. Einer der Hauptdistributoren für Noni-Saft ist der Strukturvertrieb der Firma Morinda Inc., die folgende Produkte auf den Markt gebracht hat: Tahitian Noni®, Morinda® und Noni™. Der Sitz der Firma befindet sich in Provo, Utah, USA. |
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| + | In den USA boomt der Vertrieb von Noni-Saft. Aktuelle Publikationen gehen von einem monatlichen Umsatz von 23,5 Millionen US-Dollar aus (Hamilton und Kirchain 2000<ref>Hamilton W, Kirchain WR: Noni Juice. Benefits of noni juice may be limited to the vitamins, minerals, and possible placebo effect the product provides. US Pharmacist, 2000</ref>). Auch in Deutschland nimmt die Zahl der Anbieter dieser Saft-Spezialität rasch zu. |
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| + | ==Rechtliche Situation in der EU== |
| + | Noni-Produkte gelten als neuartige Lebensmittel, die nach der Novel-Food-Verordnung eine Zulassung benötigen. Danach müssen die Hersteller oder Anbieter nachweisen, dass von einem neu auf dem europäischen Markt angebotenen Lebensmittel keine gesundheitlichen Gefahren für den Verbraucher ausgehen. Dies umfasst nur die Bestätigung der Unschädlichkeit des Produktes für den Konsumenten und nicht den Nachweis gesundheitlicher Wirksamkeit. Im Jahr 2001 verordnete das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte wegen Nichtwirksamkeit des Produktes ein vorläufiges Verbot für Nonisaft. Im Jahr 2003 gestattete die Europäische Kommission schließlich das Inverkehrbringen von Noni-Saft (Saft aus der Frucht der Spezies Morinda citrifolia L.). Auflagen für den Vertrieb waren unter anderem die Pasteurisierung des Getränks und der Verzicht auf Werbeaussagen, die dem Produkt eine gesundheitsfördernde Wirkung unterstellen. Auf dem Etikett des Erzeugnisses selbst oder im Zutatenverzeichnis der Fruchtsaftgetränke, die das Erzeugnis enthalten, muss gemäß der Richtlinie 2000/13/EG die Bezeichnung "Noni-Saft" oder "Morinda citrifolia-Saft" erscheinen. |
| + | |
| + | Auch nach der Zulassung des Noni-Saftes "Tahitian Noni" als Lebensmittel ("Novel Food") ist wegen nicht nachgewiesener Wirksamkeit die Werbung mit gesundheitsbezogenen Aussagen zur Heilung und Linderung von Krankheiten nach dem Lebensmittelrecht verboten. Zudem gilt diese Zulassung lediglich für die darin angeführten Produkte des Antragstellers. Weitere Produkte (auch Noni-Saft anderer Hersteller) müssen gesondert zur Genehmigung eingereicht werden. Eine Liste der in der EU zugelassenen Noni-Saft Produkte ist - ständig aktualisiert - auf der Website der Kommission veröffentlicht. http://www.europarl.europa.eu/brussels/website/media/Basis/Legislative/Pdf/Novel_Food_Verordnung.pdf |
| + | |
| + | Seit 2008 sind auch Noni-Blätter als Novel Food zugelassen. <ref>Europäische Lebensmittelsicherheitsbehörde EFSA: EFSA bestätigt Sicherheit von Noni-Blättern für Tee [http://www.efsa.europa.eu/EFSA/efsa_locale-1178620753824_1211902043997.htm]</ref> Am 21. April 2010 erteilte die Europäische Kommission darüber hinaus auch die Novel-Food-Zulassung für Noni-Püree und Noni-Konzentrat. <ref>Umwelt Online: Beschluss 2010/228/EU der Kommission vom 21. April 2010 über die Genehmigung des Inverkehrbringens von Püree und Konzentrat aus Früchten von Morinda citrifolia als neuartige Lebensmittelzutat gemäß der Verordnung (EG) Nr. 258/97 des Europäischen Parlaments und des Rates[http://www.umwelt-online.de/recht/eu/10/10_0228.htm]</ref> |
| + | |
| + | Nach der Health-Claims-Verordnung der EU dürfen für Lebensmittel Angaben über gesundheitsbezogene Eigenschaften wie etwa "stärkt die Abwehrkräfte", "cholesterinsenkend" oder "unterstützt die Gelenkfunktionen" nur noch dann angegeben werden, wenn sie als "Claim" in einer Liste <ref>[http://eur-lex.europa.eu/LexUriServ/LexUriServ.do?uri=OJ:L:2012:136:0001:0040:DE:PDF ''VO (EU) Nr. 432/2012''] (PDF)</ref> (Gemeinschaftsregister<ref>[http://ec.europa.eu/nuhclaims/?event=register.home ''EU Register of nutrition and health claims made on foods'']</ref>) aufgeführt und damit für ein Lebensmittel oder eine Lebensmittelzutat zugelassen sind. |
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| + | ==Fazit== |
| + | In einem im Dezember 2002 veröffentlichten Schreiben hält das wissenschaftliche Gremium für Lebensmittel der EU Noni-Saft in den angebotenen Mengen zwar für akzeptabel, hält allerdings auch fest, dass die Angaben und Informationen über Noni keinerlei Beweise für eine besondere gesundheitsfördernde Wirkung von "Noni-Saft" liefern, die über diejenige von anderen Fruchtsäften hinausgehen. <ref>[http://www.bag.admin.ch/themen/ernaehrung/00171/00461/01136/index.html?lang=de&download=M3wBPgDB/8ull6Du36WenojQ1NTTjaXZnqWfVpzLhmfhnapmmc7Zi6rZnqCkkIN0g3eAbKbXrZ6lhuDZz8mMps2gpKfo European Commission, Scientific Committee on Food, 11. Dezember 2002] </ref> Dieser Beurteilung der EU schließt sich das Bundesamt für Gesundheit in der Schweiz an, wo zudem auch jegliche gesundheitsfördernden Anpreisungen in Zusammenhang mit Noni-Saft nicht zulässig sind. <ref>[http://www.bag.admin.ch/themen/ernaehrung/00171/00461/01136/index.html?lang=de Bundesamt für Gesundheit]</ref> Heilanpreisungen sind sowohl in der EU wie auch in der Schweiz verboten. |
| + | |
| ==Siehe auch== | | ==Siehe auch== |
| + | *[[Superfrucht]]) |
| *[[Immunologic]] | | *[[Immunologic]] |
| *[[Kyäni]] | | *[[Kyäni]] |
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| ==Weblinks== | | ==Weblinks== |
| *http://www.schloss-apotheke-ddf.de/nam/liste/noni.htm | | *http://www.schloss-apotheke-ddf.de/nam/liste/noni.htm |
| *http://www.vz-bawue.de/UNIQ134260696520450/link20346A.html | | *http://www.vz-bawue.de/UNIQ134260696520450/link20346A.html |
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| ==Quellennachweise== | | ==Quellennachweise== |
| <references/> | | <references/> |
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− | {{Paralex}}
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| [[category:Heilmittel in der Pseudomedizin]] | | [[category:Heilmittel in der Pseudomedizin]] |
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