Zeile 6: |
Zeile 6: |
| Die durch den kanadischen Mikrobiologen Félix Hubert d’Hérelle im Jahr 1917 beschriebene „unsichtbare, dem Ruhrbazillus entgegenwirkende Mikrobe“, die zur damaligen Zeit zum Teil auch als ''d’Hérellesches Phänomen'' bezeichnet wurde, sah Kuhn als Sonderfall des Auftretens und Vermehrens der durch ihn beschriebenen Parasiten. Wie sich später zeigte, stellten die Arbeiten von d’Hérelle die Entdeckung der Bakteriophagen dar, also von Viren, die Bakterien infizieren. Im Gegensatz dazu beruhten die Beobachtungen von Kuhn auf Formveränderungen der untersuchten Bakterien als Reaktion auf die von ihm gewählten besonderen Kulturbedingungen und nicht, wie von ihm postuliert, auf einem Parasiten. | | Die durch den kanadischen Mikrobiologen Félix Hubert d’Hérelle im Jahr 1917 beschriebene „unsichtbare, dem Ruhrbazillus entgegenwirkende Mikrobe“, die zur damaligen Zeit zum Teil auch als ''d’Hérellesches Phänomen'' bezeichnet wurde, sah Kuhn als Sonderfall des Auftretens und Vermehrens der durch ihn beschriebenen Parasiten. Wie sich später zeigte, stellten die Arbeiten von d’Hérelle die Entdeckung der Bakteriophagen dar, also von Viren, die Bakterien infizieren. Im Gegensatz dazu beruhten die Beobachtungen von Kuhn auf Formveränderungen der untersuchten Bakterien als Reaktion auf die von ihm gewählten besonderen Kulturbedingungen und nicht, wie von ihm postuliert, auf einem Parasiten. |
| | | |
− | In der Zeit von etwa 1920 bis 1935, in der Kuhn eine Reihe von Arbeiten zu den Pettenkoferien veröffentlichte, gewann auch die vor allem auf den Arbeiten von Ernst Bernhard Almquist, Felix Löhnis, [[Günther Enderlein]] und bereits zuvor von [[Pierre Jacques Antoine Béchamp|Antoine Béchamp]] beruhende Theorie der Bakteriencyclogenie vorübergehend an Bedeutung. Diese geht von einem auf- und absteigenden Entwicklungskreislauf aller Mikroorganismen zwischen einfacheren und komplexeren Formen mit je nach morphologischer Form ungeschlechtlicher oder geschlechtlicher Fortpflanzung aus. In diesem Kreislauf sollen sich die Mikroorganismen - Viren, Bakterien und eukaryotische Einzeller (Pilze, Protozoen und Algen) ineinander umwandeln könne. Dies sollte die von Béchamp als [[Pleomorphismus]] bezeichnete Vielgestaltigkeit der verschiedenen Bakterienformen erklären. | + | In der Zeit von etwa 1920 bis 1935, in der Kuhn eine Reihe von Arbeiten zu den Pettenkoferien veröffentlichte, gewann auch die vor allem auf den Arbeiten von Ernst Bernhard Almquist, Felix Löhnis, [[Günther Enderlein]] und bereits zuvor von [[Pierre Jacques Antoine Béchamp|Antoine Béchamp]] beruhende Theorie der Bakteriencyclogenie vorübergehend an Bedeutung. Diese geht von einem auf- und absteigenden Entwicklungskreislauf aller Mikroorganismen zwischen einfacheren und komplexeren Formen mit je nach morphologischer Form ungeschlechtlicher oder geschlechtlicher Fortpflanzung aus. In diesem Kreislauf sollen sich die Mikroorganismen - Viren, Bakterien und eukaryotische Einzeller (Pilze, Protozoen und Algen) ineinander umwandeln könne. Dies sollte die von Béchamp als [[Pleomorphismus]] bezeichnete Vielgestaltigkeit der verschiedenen Mikroorganismen erklären. |
| | | |
| Im Gegensatz dazu stand die bereits damals mehrheitlich akzeptierte Theorie des Monomorphismus, die vor allem auf Louis Pasteur und Robert Koch zurückgeht und heute die Grundlage der Mikrobiologie bildet. Dieser Auffassung zufolge ist eine Umwandlung unterschiedlicher Mikroorganismenarten ineinander nicht möglich. Die verschiedenen unter bestimmten Bedingungen beobachteten Formen sind lediglich Reaktionen der jeweils gleichen Bakterienart auf äußere Reize. In der Debatte zwischen den Vertretern des Pleomorphismus und denen des Monomorphismus war die von Kuhn vertretene Theorie eines Bakterienparasiten lediglich eine Minderheitsmeinung, die von beiden Seiten abgelehnt wurde. | | Im Gegensatz dazu stand die bereits damals mehrheitlich akzeptierte Theorie des Monomorphismus, die vor allem auf Louis Pasteur und Robert Koch zurückgeht und heute die Grundlage der Mikrobiologie bildet. Dieser Auffassung zufolge ist eine Umwandlung unterschiedlicher Mikroorganismenarten ineinander nicht möglich. Die verschiedenen unter bestimmten Bedingungen beobachteten Formen sind lediglich Reaktionen der jeweils gleichen Bakterienart auf äußere Reize. In der Debatte zwischen den Vertretern des Pleomorphismus und denen des Monomorphismus war die von Kuhn vertretene Theorie eines Bakterienparasiten lediglich eine Minderheitsmeinung, die von beiden Seiten abgelehnt wurde. |
− |
| + | |
| == Literatur == | | == Literatur == |
| * Philalethes Kuhn, Käte Sternberg: ''Über Bakterien und Pettenkoferien.'' In: ''Zentralblatt für Bakteriologie, Parasitenkunde und Infektionskrankheiten. 1. Abteilung: Originale.'' 121/1931, S. 113ff | | * Philalethes Kuhn, Käte Sternberg: ''Über Bakterien und Pettenkoferien.'' In: ''Zentralblatt für Bakteriologie, Parasitenkunde und Infektionskrankheiten. 1. Abteilung: Originale.'' 121/1931, S. 113ff |