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Die Akupunktur ist keine standardisierte Therapieart, sondern vielmehr ein Oberbegriff für eine Vielzahl von oft heterogenen Anwendungsarten, die alle ein gleiches Ziel verfolgen, nämlich eine physikalische Stimulation (Stich, Wärme, Kälte, Vibration, elektrischer Strom, Laserlicht usw.) von unterschiedlich definierten Akupunkturpunkten. Zu unterscheiden sind Methoden, bei denen Nadeln zum Einsatz kommen, und die so genannte "nadellose Akupunktur". Die manuelle Manipulation an eingestochenen Akupunkturnadeln ist gebräuchlich. Aus Sicht der Befürworter soll der Behandelte dabei die ''de qi''-Erfahrung machen, die die Akupunkturwirkung verstärke.
 
Die Akupunktur ist keine standardisierte Therapieart, sondern vielmehr ein Oberbegriff für eine Vielzahl von oft heterogenen Anwendungsarten, die alle ein gleiches Ziel verfolgen, nämlich eine physikalische Stimulation (Stich, Wärme, Kälte, Vibration, elektrischer Strom, Laserlicht usw.) von unterschiedlich definierten Akupunkturpunkten. Zu unterscheiden sind Methoden, bei denen Nadeln zum Einsatz kommen, und die so genannte "nadellose Akupunktur". Die manuelle Manipulation an eingestochenen Akupunkturnadeln ist gebräuchlich. Aus Sicht der Befürworter soll der Behandelte dabei die ''de qi''-Erfahrung machen, die die Akupunkturwirkung verstärke.
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Varianten der Akupunktur sind [[Moxibustion]], [[Aurikulotherapie]], [[Augenakupunktur nach Boel]], [[Augmentierte Akupunktur nach Covic]], [[Implantatakupunktur]] (siehe [[Periphere Hirnstimulation nach Werth]]), [[Farbpunktur]], [[Apipunktur]], [[Thought Field Therapy]], [[Klopfakupunktur]] (EFT/MET), [[Laserakupunktur]], [[Mikroakupunktur]], [[Mikrowellen-Resonanz-Therapie]], Klangakupunktur (siehe [[Tama-Do]]), [[Liquidakupunktur]], [[Akupressur]], [[Dermapunktur]], [[Vaginalakupunktur nach Buchheit]], [[Mundakupunktur]] und [[Rhinofaszialakupunktur]]. Wissenschaftliche Studien zeigen, dass die Effekte der Akupunktur auf dem Placeboeffekt beruhen. Eine Studie aus dem Jahr 2010 schlägt eine lokale Bedeutung von Adenosin an bestimmten Adenosinrezeptoren als möglichen Wirkmechanismus vor. Gleichzeitig wären dann jedoch der TCM-Überbau und das Meridiansystem in Frage gestellt.
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Varianten der Akupunktur sind [[Moxibustion]], [[Aurikulotherapie]], [[Augenakupunktur nach Boel]], [[Augmentierte Akupunktur nach Covic]], [[Implantatakupunktur]] (siehe [[Periphere Hirnstimulation nach Werth]]), [[Elektroakupunktur]], [[Farbpunktur]], [[Apipunktur]], [[Magnetische Meridiantherapie]], [[Thought Field Therapy]], [[Klopfakupunktur]] (EFT/MET), [[Laserakupunktur]], [[Mikroakupunktur]], [[Mikrowellen-Resonanz-Therapie]], Klangakupunktur (siehe [[Tama-Do]]), [[Liquidakupunktur]], [[Akupressur]], [[Dermapunktur]], [[Tachopunktur]], [[Vaginalakupunktur nach Buchheit]], [[Mundakupunktur]] und [[Rhinofaszialakupunktur]]. Wissenschaftliche Studien zeigen, dass die Effekte der Akupunktur auf dem Placeboeffekt beruhen. Eine Studie aus dem Jahr 2010 schlägt eine lokale Bedeutung von Adenosin an bestimmten Adenosinrezeptoren als möglichen Wirkmechanismus vor. Gleichzeitig wären dann jedoch der TCM-Überbau und das Meridiansystem in Frage gestellt.
    
Der Nachweis spezifischer Akupunkturpunktsysteme und insbesondere der [[Meridian]]e steht bislang aus und es ist nicht erkennbar, dass die Anwendung spezifischer, lernintensiver Behandlungssysteme zu einer überlegenen Wirksamkeit führt.
 
Der Nachweis spezifischer Akupunkturpunktsysteme und insbesondere der [[Meridian]]e steht bislang aus und es ist nicht erkennbar, dass die Anwendung spezifischer, lernintensiver Behandlungssysteme zu einer überlegenen Wirksamkeit führt.
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==Lage der Akupunkturpunkte==
 
==Lage der Akupunkturpunkte==
 
[[image:Akupunktur3.gif|thumb]]
 
[[image:Akupunktur3.gif|thumb]]
Das Problem der ungenauen Lokalisation ist in der Akupunkturszene durchaus bekannt. Man behilft sich mit relativen Maßeinheiten. So werden in der chinesischen Akupunkturlehre Vergleichsgrößen verwendet, die Abstände zu vermessen helfen sollen.
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Das Problem der ungenauen Lokalisation ist in der Akupunkturszene durchaus bekannt.<ref>Godson DR. Wardle JL. Accuracy and precision in acupuncture point location: a critical systematic review. Journal of Acupuncture and Meridian Studies 12:52-66, 2019</ref><ref>Hall H. Do acupuncture points exist? Can acupuncturists find them? Science-Based Medicine, Aug 27, 2019</ref> Man behilft sich mit relativen Maßeinheiten. So werden in der chinesischen Akupunkturlehre Vergleichsgrößen verwendet, die Abstände zu vermessen helfen sollen.
    
Die Maßeinheit wird Cun genannt. Man orientiert es entweder an der Länge des Mittelgliedes des Mittelfingers oder an der Daumenbreite des Patienten. Ein Vielfaches dieses Cun wird dann allerdings nicht mehr in einem Vielfachen des Daumenabstandes, sondern in Fingerbreiten ausgedrückt.<ref>Kampik G: Propädeutik der Akupunktur. 2. Aufl., Hippokrates Verlag, Stuttgart, 1991</ref> Diese Streckenangaben, die zum Auffinden von Akupunkturpunkten dienen sollen, sind sehr ungenau. Allein dies zeigt, wie wenig präzise die Akupunktur in der Eigendarstellung ist.
 
Die Maßeinheit wird Cun genannt. Man orientiert es entweder an der Länge des Mittelgliedes des Mittelfingers oder an der Daumenbreite des Patienten. Ein Vielfaches dieses Cun wird dann allerdings nicht mehr in einem Vielfachen des Daumenabstandes, sondern in Fingerbreiten ausgedrückt.<ref>Kampik G: Propädeutik der Akupunktur. 2. Aufl., Hippokrates Verlag, Stuttgart, 1991</ref> Diese Streckenangaben, die zum Auffinden von Akupunkturpunkten dienen sollen, sind sehr ungenau. Allein dies zeigt, wie wenig präzise die Akupunktur in der Eigendarstellung ist.
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=== Adenosin-A1-Rezeptoren===
 
=== Adenosin-A1-Rezeptoren===
 
Eine Studie aus dem Jahr 2010 schlägt eine lokale Bedeutung von Adenosin an bestimmten Adenosin-A1-Rezeptoren als möglichen Wirkmechanismus vor. Die Einstiche führten bei Mäusen zu einer Freisetzung von Adenosin. Injektionen von A1-Agonisten imitierten analgetische Akupunktureinstiche und die Hemmung von Adenosin abbauenden Enzymen verstärkten den Effekt zusätzlich.<ref>Nanna Goldman et&nbsp;al, ''Adenosine A1 receptors mediate local anti-nociceptive effects of acupuncture'', nature neuroscience, 2010, doi:10.1038/nn.2562, 16.&nbsp;März 2010</ref> Träfe diese Hypothese zu, wäre jedoch damit der TCM-Überbau, das TCM-[[Meridian]]system und die "Lebensenergie" [[Qi]] in Frage gestellt. Eine getrennte Untersuchung der Sticheffekte auf und neben den angenommenen Meridianen (bei der Maus) unterblieb bei dieser Untersuchung
 
Eine Studie aus dem Jahr 2010 schlägt eine lokale Bedeutung von Adenosin an bestimmten Adenosin-A1-Rezeptoren als möglichen Wirkmechanismus vor. Die Einstiche führten bei Mäusen zu einer Freisetzung von Adenosin. Injektionen von A1-Agonisten imitierten analgetische Akupunktureinstiche und die Hemmung von Adenosin abbauenden Enzymen verstärkten den Effekt zusätzlich.<ref>Nanna Goldman et&nbsp;al, ''Adenosine A1 receptors mediate local anti-nociceptive effects of acupuncture'', nature neuroscience, 2010, doi:10.1038/nn.2562, 16.&nbsp;März 2010</ref> Träfe diese Hypothese zu, wäre jedoch damit der TCM-Überbau, das TCM-[[Meridian]]system und die "Lebensenergie" [[Qi]] in Frage gestellt. Eine getrennte Untersuchung der Sticheffekte auf und neben den angenommenen Meridianen (bei der Maus) unterblieb bei dieser Untersuchung
(siehe dazu auch Kommentare: [http://www.theness.com/neurologicablog/?p=2015][http://scienceblogs.com/insolence/2010/06/when_what_an_acupuncture_study_shows_is.php][http://blogs.discovermagazine.com/notrocketscience/2010/05/30/a-biological-basis-for-acupuncture-or-more-evidence-for-a-placebo-effect/][http://www.scienceblogs.de/plazeboalarm/2010/06/warum-die-akupunkturstudie-keine-akupunkturstudie-war.php]).
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(siehe dazu auch Kommentare: [http://www.theness.com/neurologicablog/?p=2015][http://scienceblogs.com/insolence/2010/06/when_what_an_acupuncture_study_shows_is.php][http://blogs.discovermagazine.com/notrocketscience/2010/05/30/a-biological-basis-for-acupuncture-or-more-evidence-for-a-placebo-effect/#.W9mZVWhA5PY][http://www.scienceblogs.de/plazeboalarm/2010/06/warum-die-akupunkturstudie-keine-akupunkturstudie-war.php]).
    
===Akupunkturpunkte als vermeintliche Nervenaustrittspunkte oder Stromquellen===
 
===Akupunkturpunkte als vermeintliche Nervenaustrittspunkte oder Stromquellen===
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Eine placebokontrollierte Studie aus dem Jahre 2014 konnte keinen Nachweis einer Wirksamkeit von Nadelakupunktur oder Laserakupunktur bei 282 über 50-jährigen Patienten mit Knieschmerzen belegen.<ref>Hinman RS and others. Acupuncture for chronic knee pain: A randomized clinical trial. JAMA 312:1313-1322, 2014</ref>
 
Eine placebokontrollierte Studie aus dem Jahre 2014 konnte keinen Nachweis einer Wirksamkeit von Nadelakupunktur oder Laserakupunktur bei 282 über 50-jährigen Patienten mit Knieschmerzen belegen.<ref>Hinman RS and others. Acupuncture for chronic knee pain: A randomized clinical trial. JAMA 312:1313-1322, 2014</ref>
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Eine 2016 veröffentlichte Studie zur Wirksamkeit der Akupunktur bei Hitzewallungen von Frauen konnte bei 327 untersuchten Frauen keinen Unterschied zwischen Akupunktur und einer Scheinakupunktur feststellen.<ref>Carolyn Ee, Charlie Xue, Patty Chondros, Stephen P. Myers, Simon D. French, Helena Teede, Marie Pirotta: ''Acupuncture for Menopausal Hot Flashes: A Randomized Trial'', Ann Intern Med. 19.1.2016. doi:10.7326/M15-1380</ref> Die Studie war randomisiert und placebokontrolliert.
 
===Die GERAC-Studien===
 
===Die GERAC-Studien===
 
Die bislang größte prospektive und randomisierte Untersuchung zur Akupunktur wurde in Deutschland ab 2002 in Form von vier getrennten Studien unter der Bezeichnung ''GERAC-Studien'' (German Acupuncture Trials) durchgeführt. Die Studien liefen über mehrere Jahre und sorgten bereits zur Laufzeit für Aufmerksamkeit und Polemik in den Medien. Im Kern kommt die Auswertung der GERAC-Studien im Dezember 2005 zum Schluss, dass einerseits die Wirksamkeit einer Akupunkturbehandlung nicht nachgewiesen werden konnte und die Akupunktur genauso wirksam sei wie eine Scheinbehandlung (''sham'') durch eine Placebo-Akupunkturbehandlung, die studienintern als ''GERAC-Akupunktur'' bezeichnet wurde<ref>S. Witte u.a.: ''[http://www.klinikum.uni-heidelberg.de/fileadmin/inst_med_biometrie/pdf/51_geracGA_Bericht.pdf Wirksamkeit und Sicherheit von Akupunktur bei gonarthrosebedingten chronischen Schmerzen: Multizentrische, randomisierte, kontrollierte Studie.]'' Dezember 2005</ref><ref>[http://www.annals.org/cgi/content/abstract/145/1/12] H. P. Scharf u.a.: ''Acupuncture and Knee Osteoarthritis A Three-Armed Randomized Trial.'', In: ''Annals'' 145/2006, S.12–20.</ref> (Bericht in Der Spiegel: [http://wissen.spiegel.de/wissen/dokument/dokument.html?id=32565481&top=SPIEGEL]). Die Placebo-Akupunkturbehandlung unterschied sich von der echten Akupunktur (''verum'') (entsprechend der Traditionellen Chinesischen Medizin) hinsichtlich der Einstichorte. Der Behandler wählte dazu willkürliche ''Akupunkturorte''. Andererseits wurde den beiden Akupunkturmethoden (Verum '''und''' Placebo) bei bestimmten Erkrankungen jedoch eine Wirkung attestiert, die diejenige einer herkömmlichen symptomatischen medikamentösen Schmerztherapie übertrafen. Die TCM-Postulate eines Meridiansystems und der laut klassischer Lehre therapierelevanten Akupunkturpunkte konnten widerlegt werden, in Bestätigung bereits vorher durchgeführter Studien. Die Studie selbst besagt in ihrer Auswertung, dass es unklar bleibt, ob und in welchem Maße die Wirkung psychologischer oder physiologischer Natur ist. Ebenso bleibt unklar, wie stark eine eventuelle Wirkung von Einstichstelle und -tiefe abhängt.<br>
 
Die bislang größte prospektive und randomisierte Untersuchung zur Akupunktur wurde in Deutschland ab 2002 in Form von vier getrennten Studien unter der Bezeichnung ''GERAC-Studien'' (German Acupuncture Trials) durchgeführt. Die Studien liefen über mehrere Jahre und sorgten bereits zur Laufzeit für Aufmerksamkeit und Polemik in den Medien. Im Kern kommt die Auswertung der GERAC-Studien im Dezember 2005 zum Schluss, dass einerseits die Wirksamkeit einer Akupunkturbehandlung nicht nachgewiesen werden konnte und die Akupunktur genauso wirksam sei wie eine Scheinbehandlung (''sham'') durch eine Placebo-Akupunkturbehandlung, die studienintern als ''GERAC-Akupunktur'' bezeichnet wurde<ref>S. Witte u.a.: ''[http://www.klinikum.uni-heidelberg.de/fileadmin/inst_med_biometrie/pdf/51_geracGA_Bericht.pdf Wirksamkeit und Sicherheit von Akupunktur bei gonarthrosebedingten chronischen Schmerzen: Multizentrische, randomisierte, kontrollierte Studie.]'' Dezember 2005</ref><ref>[http://www.annals.org/cgi/content/abstract/145/1/12] H. P. Scharf u.a.: ''Acupuncture and Knee Osteoarthritis A Three-Armed Randomized Trial.'', In: ''Annals'' 145/2006, S.12–20.</ref> (Bericht in Der Spiegel: [http://wissen.spiegel.de/wissen/dokument/dokument.html?id=32565481&top=SPIEGEL]). Die Placebo-Akupunkturbehandlung unterschied sich von der echten Akupunktur (''verum'') (entsprechend der Traditionellen Chinesischen Medizin) hinsichtlich der Einstichorte. Der Behandler wählte dazu willkürliche ''Akupunkturorte''. Andererseits wurde den beiden Akupunkturmethoden (Verum '''und''' Placebo) bei bestimmten Erkrankungen jedoch eine Wirkung attestiert, die diejenige einer herkömmlichen symptomatischen medikamentösen Schmerztherapie übertrafen. Die TCM-Postulate eines Meridiansystems und der laut klassischer Lehre therapierelevanten Akupunkturpunkte konnten widerlegt werden, in Bestätigung bereits vorher durchgeführter Studien. Die Studie selbst besagt in ihrer Auswertung, dass es unklar bleibt, ob und in welchem Maße die Wirkung psychologischer oder physiologischer Natur ist. Ebenso bleibt unklar, wie stark eine eventuelle Wirkung von Einstichstelle und -tiefe abhängt.<br>
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In der Vergangenheit wurden auch mehrfach verwendbare Akupunkturnadeln eingesetzt. Diese wurden teilweise einfach in Alkohol aufbewahrt. Auch gab es so genannte ''selbststerilisierende'' Nadeln aus Gold.
 
In der Vergangenheit wurden auch mehrfach verwendbare Akupunkturnadeln eingesetzt. Diese wurden teilweise einfach in Alkohol aufbewahrt. Auch gab es so genannte ''selbststerilisierende'' Nadeln aus Gold.
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Mikrobiologen der Universität von Hongkong zeigen sich in einem Fachartikel des British Medical Journal (BMJ) im März 2010 besorgt über durch Akupunktur ausgelöste Infektionen, deren Häufigkeit höher sei als zuvor angenommen. Gemeint sind dabei bakterielle und virale Infektionen. Am häufigsten wurden Infektionen mit pyogenen Bakterien beschrieben. In den 1970er und 1980er Jahren waren dies weltweit 50&nbsp;Fälle.
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Mikrobiologen der Universität von Hongkong zeigen sich in einem Fachartikel des British Medical Journal (BMJ) im März 2010 besorgt über durch Akupunktur ausgelöste Infektionen, deren Häufigkeit höher sei als zuvor angenommen. Gemeint sind dabei bakterielle und virale Infektionen. Am häufigsten wurden Infektionen mit pyogenen Bakterien beschrieben. In den 1970er und 1980er Jahren waren dies weltweit 50&nbsp;Fälle. 2017 wurde bekannt, dass fünf Patienten, die am Zhejiang Provincial Hospital of Traditional Chinese Medicine in China akupunktiert wurden, dabei mit dem HI-Virus (Erreger von AIDS) infiziert wurden. Es stellte sich heraus, dass die Nadeln nicht sterilisiert wurden. Wie South China Morning Post am 9. Februar 2017 meldete, wurden sechs Angestellte des Krankenhauses darauf hin entlassen.
    
Die meisten Infektionen mit Eitererregern gingen von der Hautflora der akupunktierten Patienten aus. Nach der Akupunktur entwickelten sich Abszesse und septische Arthritiden, seltener schwere Folgeerkrankungen wie infektiöse Endokarditis, Meningitis, Endophtalmitis u.a. In über der Hälfte der Fälle war ''Staphylokokkus aureus'' der Erreger. Beschrieben wurden über 80&nbsp;Hepatitis&nbsp;B-Infektionen. Patienten wurden meist über nicht oder unzureichend sterilisierte wiederverwendbare Nadeln infiziert. In einem Fall war offenbar der Akupunkteur selbst die Infektionsquelle. Als neues Syndrom gilt die Akupunktur-Mykobakteriose, eine Infektion der Haut mit Mykobakterien, übertragen durch kontaminierte Wattestäbchen, Handtücher oder anderes Material, das mit der Einstichstelle in Berührung kommt. Abszesse und Ulzera können erst Wochen oder Monate nach der Akupunktur entstehen. Der schleichende Erkrankungsbeginn lässt Patienten auch oft erst spät einen Arzt aufsuchen. Aufgrund des zeitlich verzögerten Auftretens erschließt sich für den Arzt ein Zusammenhang mit einer früheren Akupunktur nicht unbedingt.<ref>http://news.doccheck.com/de/article/199334-vorsicht-fuck-up-unktur</ref>
 
Die meisten Infektionen mit Eitererregern gingen von der Hautflora der akupunktierten Patienten aus. Nach der Akupunktur entwickelten sich Abszesse und septische Arthritiden, seltener schwere Folgeerkrankungen wie infektiöse Endokarditis, Meningitis, Endophtalmitis u.a. In über der Hälfte der Fälle war ''Staphylokokkus aureus'' der Erreger. Beschrieben wurden über 80&nbsp;Hepatitis&nbsp;B-Infektionen. Patienten wurden meist über nicht oder unzureichend sterilisierte wiederverwendbare Nadeln infiziert. In einem Fall war offenbar der Akupunkteur selbst die Infektionsquelle. Als neues Syndrom gilt die Akupunktur-Mykobakteriose, eine Infektion der Haut mit Mykobakterien, übertragen durch kontaminierte Wattestäbchen, Handtücher oder anderes Material, das mit der Einstichstelle in Berührung kommt. Abszesse und Ulzera können erst Wochen oder Monate nach der Akupunktur entstehen. Der schleichende Erkrankungsbeginn lässt Patienten auch oft erst spät einen Arzt aufsuchen. Aufgrund des zeitlich verzögerten Auftretens erschließt sich für den Arzt ein Zusammenhang mit einer früheren Akupunktur nicht unbedingt.<ref>http://news.doccheck.com/de/article/199334-vorsicht-fuck-up-unktur</ref>
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Laut einer Studie der britischen "National Patient Safety Agency" (Abteilung des National Health Service) wurden zwischen 2009 und 2011 in Großbritannien 325 Fälle von Nebenwirkungen durch Akupunktur gemeldet. 160 Patienten litten beim Einstechen der Nadeln unter Schwindelanfällen oder sie verloren sogar kurzzeitig das Bewusstsein. Bei etwa 100 Behandlungen vergaßen die Akupunkteure, die Nadeln wieder aus dem Körper zu entfernen. In fünf Fällen kollabierte ein Lungenflügel.<ref>International Journal of Risk & Safety in Medicine, DOI: 10.3233/JRS-2012-0569</ref><ref>http://www.newscientist.com/article/dn22247-acupuncture-treatment-is-not-a-riskfree-remedy.html</ref><ref>http://www.sueddeutsche.de/m5s38A/823382/Nadeln-mit-Nebenwirkungen.html</ref>
 
Laut einer Studie der britischen "National Patient Safety Agency" (Abteilung des National Health Service) wurden zwischen 2009 und 2011 in Großbritannien 325 Fälle von Nebenwirkungen durch Akupunktur gemeldet. 160 Patienten litten beim Einstechen der Nadeln unter Schwindelanfällen oder sie verloren sogar kurzzeitig das Bewusstsein. Bei etwa 100 Behandlungen vergaßen die Akupunkteure, die Nadeln wieder aus dem Körper zu entfernen. In fünf Fällen kollabierte ein Lungenflügel.<ref>International Journal of Risk & Safety in Medicine, DOI: 10.3233/JRS-2012-0569</ref><ref>http://www.newscientist.com/article/dn22247-acupuncture-treatment-is-not-a-riskfree-remedy.html</ref><ref>http://www.sueddeutsche.de/m5s38A/823382/Nadeln-mit-Nebenwirkungen.html</ref>
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Die Fachzeitschrift Legal Medicine berichtete im Jahre 2014 über einen herzgesunden Japaner, der nach Akupunkturnadelverletzung des Nervus Vagus verstarb.<ref> Watanabe, M., Unuma, K., Fujii, Y., Noritake, K., & Uemura, K. (2014). An autopsy case of vagus nerve stimulation following acupuncture. Legal Medicine</ref>
    
==Wer darf akupunktieren?==
 
==Wer darf akupunktieren?==
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Die Ausgaben der gesetzlichen Krankenkassen für Akupunkturleistungen wiesen für das Jahr 1999 einen Betrag von 382&nbsp;Millionen&nbsp;DM aus. Für das Jahr 2001 gab die ''Deutsche Ärzte-Gesellschaft für Akupunktur'' im April 2001 in einem Rundschreiben an ihre Mitglieder das Volumen der zuletzt erbrachten Erstattungen für Akupunktur mit 500&nbsp;Millionen&nbsp;DM an. Private Krankenkassen wendeten 1999 rund 184&nbsp;Millionen&nbsp;DM für Akupunktur auf.
 
Die Ausgaben der gesetzlichen Krankenkassen für Akupunkturleistungen wiesen für das Jahr 1999 einen Betrag von 382&nbsp;Millionen&nbsp;DM aus. Für das Jahr 2001 gab die ''Deutsche Ärzte-Gesellschaft für Akupunktur'' im April 2001 in einem Rundschreiben an ihre Mitglieder das Volumen der zuletzt erbrachten Erstattungen für Akupunktur mit 500&nbsp;Millionen&nbsp;DM an. Private Krankenkassen wendeten 1999 rund 184&nbsp;Millionen&nbsp;DM für Akupunktur auf.
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==battlefield acupuncture==
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Unter der Bezeichnung "battlefield acupuncture" (Akupunktur im Kampfgebiet) werden experimentelle Anwendungen der Akupunktur beim US-Militär bezeichnet, die bei schwer verwundeten Soldaten zum Einsatz kommen sollen, und in die Kritik gerieten.<ref>http://www.forbes.com/sites/sciencebiz/2010/02/15/battlefield-acupuncture-pseudoscience-for-wounded-troops/#1ea7b15c7a7c</ref> Befürworter unter den Militärärzten bei der US Air Force setzen dabei Nadeln an vier Orten am Ohr ein. Einer der Befürworter ist der Militärarzt Richard Niemtzow (United States Air Force Acupuncture Center, Andrews Air Force Base in Maryland). Niemtzow ist nicht nur Autor eines Artikels mit dem Titel "Integrating Ear and Scalp Acupuncture Techniques into the Care of Blast-Injured United States Military Service Members with Limb Loss", sondern auch zum hypothetischen [[Primo-Gefäßsystem]].
    
==Haltung der Krankenkassen in Deutschland==
 
==Haltung der Krankenkassen in Deutschland==
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